Stellenabbau:Unicredit streicht Tausende Jobs - auch in Deutschland

Italiens größtes Kreditinstitut stemmt sich gegen die Krise und braucht 13 Milliarden Euro frisches Kapital.

Von Stefan Radomsky und Andrea Rexer, London/München

Die italienische Großbank Unicredit versucht sich mit einer spektakulären Kapitalerhöhung aus der Krise zu befreien: 13 Milliarden Euro will das Institut von den Anlegern einsammeln. Gelingt es, wäre das die größte Kapitalaufstockung in der Wirtschaftsgeschichte Italiens. Zudem kündigte Vorstandschef Jean Pierre Mustier einen umfangreichen Personalabbau an: Insgesamt sollen 14 000 Jobs wegfallen, 2500 davon in Deutschland. Damit erweitert er den schon laufenden Stellenabbau deutlich.

Bei den Anlegern kam die Strategie gut an: Der Aktienkurs legte bis zum Handelsende um knapp 16 Prozent zu. Dazu trug vor allem bei, dass Mustier ein großes Paket fauler Kredite losschlagen konnte. In der Nacht sei der Verkauf eines 17,7 Milliarden Euro schweren Portfolios notleidender Darlehen an Investoren vereinbart worden, verkündete er. Das ist immerhin mehr als ein Fünftel der problematischen Kredite in der Unicredit-Bilanz. Wie hoch der dafür erzielte Preis war, wurde allerdings nicht mitgeteilt.

Diese Altlasten sind der Dreh- und Angelpunkt der italienischen Bankenkrise. Die Europäische Zentralbank beziffert das Volumen der notleidenden Kredite des italienischen Bankensektors auf insgesamt 270 Milliarden Euro. Besonders in Bedrängnis geraten ist Monte dei Paschi di Siena (MPS). Dem toskanischen Bankhaus droht die Notverstaatlichung, sollte es nicht gelingen, bis Jahresende noch vier Milliarden Euro frisches Kapital von Investoren einzuwerben. Damit würden erstmals die neuen europäischen Regeln für das Retten pleitebedrohter Banken getestet. MPS ist allerdings deutlich kleiner als Unicredit: Ihre Bilanzsumme beläuft sich auf 170 Milliarden Euro, Unicredit weist 860 Milliarden aus.

Bei Unicredit stehen Staatshilfen nicht zur Debatte. Unklar sei lediglich der Ausgabepreis der Aktien. Bei einer außerordentlichen Hauptversammlung im Januar sollen die Aktionäre der Maßnahme zustimmen.

Um das Institut attraktiver für Investoren zu machen, will Mustier die Kosten im Konzern bis 2019 um insgesamt 1,7 Milliarden Euro senken. Deshalb erhöht er den bereits begonnenen Stellenabbau um 6500 Stellen. Dazu beitragen sollen schlankere interne Abläufe im Konzern und die Schließung von fast 1000 Filialen in Westeuropa, der größte Teil davon in Italien. Dort leidet Unicredit besonders unter hohen Kosten.

Auch die Münchner Unicredit-Tochter Hypo-Vereinsbank (HVB) wird sich an dem Sparprogramm beteiligen müssen: Zusätzlich zur bereits laufenden Streichung von insgesamt 1000 Jobs in den Zentralbereichen sollen hier nun nochmals weitere rund 1500 Vollzeitstellen wegfallen, hieß es. Betroffen sind damit auch das Investmentbanking und das Firmenkundengeschäft. Die deutschen Privatkunden hingegen müssen nicht mit weiteren Einschnitten bei den Filialen rechnen. Denn in diesem Bereich hatten die Münchner bereits in den vergangenen Jahren die Anzahl der Filialen halbiert und die zugehörigen Jobs gestrichen.

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