Süddeutsche Zeitung

Gaspipeline:Steinmeier verärgert Ukraine mit Äußerung zu Nord Stream 2

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Der Bundespräsident hatte das Pipeline-Projekt mit Russland mit einem Hinweis auf den Zweiten Weltkrieg verteidigt. Die Ukraine wirft Steinmeier "fragwürdige historische Argumente" und "eine gefährliche Geschichtsverdrehung" vor.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat mit Äußerungen zur umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2 Verärgerung in der Ukraine ausgelöst. Die "fragwürdigen historischen Argumente" Steinmeiers seien "mit Befremden und Empörung" in Kiew aufgenommen worden, schrieb der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, in einer Stellungnahme, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Steinmeier hatte Nord Stream 2 in einem Interview mit der Rheinischen Post mit dem Argument verteidigt, dass die Energiebeziehungen fast die letzte verbliebene Brücke zwischen Russland und Europa seien. Er wies darauf hin, dass Deutschland dabei auch die historische Dimension im Blick behalten müsse und erinnerte an den Überfall Nazideutschlands auf die Sowjetunion, der sich am 22. Juni zum 80. Mal jährt.

"Mehr als 20 Millionen Menschen der damaligen Sowjetunion sind dem Krieg zum Opfer gefallen. Das rechtfertigt kein Fehlverhalten in der russischen Politik heute, aber das größere Bild dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren", sagte Steinmeier.

"Die Äußerungen von Bundespräsident Steinmeier haben uns Ukrainer tief ins Herz getroffen", schrieb Melnyk dazu. Nord Stream 2 bleibe ein geopolitisches Projekt des russischen Präsidenten Wladimir Putin, das den ukrainischen Interessen zuwiderlaufe. "Es ist daher zynisch, gerade in dieser Debatte die Schrecken der NS-Terrorherrschaft ins Spiel zu bringen und dazu noch die Millionen sowjetischen Opfer des deutschen Vernichtungs- und Versklavungskrieges ausschließlich Russland zuzuschreiben."

Ukraine: "gefährliche Geschichtsverdrehung" Steinmeiers

Melnyk warf dem Bundespräsidenten vor, die vielen Millionen Opfer der Nazidiktatur in der damals zur Sowjetunion gehörenden Ukraine in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich erwähnt zu haben. Das sei "eine gefährliche Geschichtsverdrehung".

Die Ukraine zählt zu den schärfsten Kritikern der fast fertig gebauten Pipeline Nord Stream 2, durch die künftig jedes Jahr 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland befördert werden sollen. Derzeit profitiert die Ukraine noch von russischen Gaslieferungen nach Europa, indem sie Durchleitungsgebühren von Moskau kassiert. In den kommenden Jahren will Russland die Menge aber zurückfahren und stattdessen mehr Gas durch die Ostsee direkt in die EU liefern.

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