Süddeutsche Zeitung

Staatsbesuch:Steinmeier auf heikler Mission in Israel

  • Der Antrittbesuch des Bundespräsidenten in Israel fällt in eine Zeit, in der das deutsch-israelische Verhältnis so angespannt ist wie seit Langem nicht.
  • Vor Tagen erst kam es beim Israelbesuch von Außenminister Sigmar Gabriel zum Eklat: Gabriel traf sich mit den Bürgerrechtsorganisationen, die sich kritisch mit der israelischen Besatzungspolitik auseinandersetzen. Netanjahu sagt daraufhin ein geplantes Treffen mit Gabriel ab.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Er war schon elf Mal in Israel, allein in seiner Funktion als Außenminister. Ein Selbstläufer aber dürfte der Besuch Frank-Walter Steinmeiers in Israel und den palästinensischen Gebieten nicht werden. Drei Tage lang will der Bundespräsident mit seiner Ehefrau Elke Büdenbender das Heilige Land und das Westjordanland besuchen. Steinmeier wird am Samstagabend zunächst mit Staatspräsident Reuven Rivlin zusammentreffen und die Altstadt von Jerusalem besichtigen.

Er will sich am Sonntag durch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem führen lassen, an der Universität in Jerusalem sprechen und am Dienstag einen Kranz am Grab von Palästinenserpräsident Jassir Arafat niederlegen. Vor allem aber will Steinmeier demonstrieren, wie das geht: dass ein deutsches Staatsoberhaupt in Israel aufrecht bleibt, allen historischen und aktuellen Verwerfungen zum Trotz.

Der Antrittbesuch des Bundespräsidenten fällt in eine Zeit, in der im deutsch-israelischen Verhältnis so viel Verstimmung herrscht wie lange nicht, zumindest auf Regierungsebene. Vor Tagen erst kam es beim Israelbesuch von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) zum Eklat. Gabriel traf sich, was andere deutsche Staatsgäste vor ihm taten, mit den Bürgerrechtsorganisationen Breaking the Silence und B'Tselem, die sich kritisch mit der israelischen Besatzungspolitik auseinandersetzen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte daraufhin ein Treffen mit Gabriel ab, der Ärger war erheblich.

Die Beziehungen waren schon besser

Aber auch die Bundeskanzlerin hat kürzlich zu erkennen gegeben, dass die deutsch-israelische Freundschaft schon mal inniger war. Angela Merkel vertagte die für Mai geplanten Regierungskonsultationen zwischen dem israelischen und dem deutschen Kabinett. Hintergrund, wenn auch nicht offizielle Begründung: der forcierte Ausbau völkerrechtswidriger jüdischer Siedlungen im Palästinensergebiet.

Steinmeiers Antrittsbesuch in Israel soll nun zweierlei bewerkstelligen. Einerseits will der Bundespräsident dazu beitragen, dass der deutsch-israelische Dialog wieder aufgenommen wird. Ziel der Reise könne nicht sein, die Gräben zu vertiefen, das würde auf beiden Seiten nur Verlierer zurücklassen, hieß es am Freitag im Präsidialamt. Die Nicht-Regierungsorganisationen Breaking the Silence und B'Tselem wird Steinmeier nicht treffen, anders als Gabriel.

Steinmeier will bei seinem Besuch "nichts an Klarheit vermissen lassen"

Die israelische Seite hat in den vergangenen Tagen offenbar keinen Zweifel daran gelassen, dass ein solches Treffen die gleichen Konsequenzen haben werde wie bei Gabriels Besuch. Eine derartige Zuspitzung will Steinmeier vermeiden. Gleichzeitig möchte er aber auch nicht den Eindruck erwecken, er lasse sich von den Gastgebern vorschreiben, mit wem er spricht und mit wem nicht. Steinmeier, der schon früher seine kritische Haltung zur israelischen Siedlungspolitik deutlich gemacht habe, werde auch heute "nichts an Klarheit vermissen lassen", hieß es.

Herausgekommen ist ein Programm, in dem Breaking the Silence und B'Tselem nicht vorkommen, aber Steinmeier auch keine anderen Nicht-Regierungsorganisationen trifft. Schließlich soll es nicht aussehen, als knicke er vor Netanjahu ein. Ihn will Steinmeier am Sonntagnachmittag treffen. Aber auch an prominenten Kritikern der israelischen Regierungspolitik soll es nicht fehlen.

Gleich zu Beginn der Reise ist eine Begegnung mit dem Schriftsteller David Grossman vorgesehen, der 2010 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels bekam. Den Schriftsteller Amos Oz will Steinmeier treffen, der den Mut von Breaking the Silence öffentlich belobigt hat. Der Historiker Moshe Zimmermann ist mit von der Partie und der junge Autor Nir Baram. Es stehe eine Reise bevor, die alles andere als einfach werde, hieß es vor dem Abflug. Wie viel davon hinter verschlossen Türen bleiben wird und was nach außen dringen darf, bleibt abzuwarten.

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SZ vom 06.05.2017/bemo
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