Steinbrück als Kanzlerkandidat:Nachfolger auf der Hut

Peer Steinbrück selbst äußert sich nicht zur Causa, Wolfgang Schäuble sehr wohl: Auf einer Preisverleihung lässt der Finanzminister durchblicken, dass sein Vorgänger ein starker SPD-Kanzlerkandidat wäre - und die Union wachsam sein wird.

Susanne Höll

Wer Peer Steinbrück nach seinen Überlegungen für eine Kanzlerkandidatur befragt, holt sich seit Wochen eine Abfuhr ein. Seit sich der Sozialdemokrat im Mai in einem Rundfunkinterview verplapperte und publik machte, dass er über einen solchen Schritt nachdenkt, ist er bemüht, die heftigen Spekulationen über seine Zukunft nicht über Gebühr zu befördern.

Bundestag - Steinbrück

"Wir sind wachsam, wir sind auf der Hut": Finanzminister Schäuble zufolge wird ein Kanzlerkandidat Steinbrück der Union wohl das Leben schwer machen.

(Foto: dpa)

Doch er kann Dritte nicht daran hindern, ihn weiter ins Gespräch zu bringen. Schon gar nicht seinen Nachfolger, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der bekanntlich ebenso eigensinnig sein kann wie er selbst. Der CDU-Politiker war am Dienstagabend in die Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin gekommen, um Steinbrück zu würdigen, der für seinen Bestseller "Unterm Strich" mit dem Preis "Das politische Buch" ausgezeichnet wurde.

In seiner Laudatio sprach Schäuble so kurz und klug über Politik, Politiker, Ehrlichkeit und die Zukunft Europas, dass man dachte, er wäre sicher ein guter Bundespräsident geworden. Ebenso kurz, wenngleich ein wenig boshaft, beschrieb er auch seinen Vorgänger, mit einem Zitat von Cicero. Vor Männern, die behaupten, dass sie ein Amt nicht anstrebten, müsse man sich in Acht nehmen, sagte Schäuble. Und fügte einen Satz hinzu, den man als Zeichen des Respekts vor Steinbrück verstehen darf: "Wir sind wachsam, wir sind auf der Hut". In anderen Worten: Ein Kanzlerkandidat Steinbrück könnte der Union mitsamt ihrer Kanzlerin das Leben schwer machen.

Wie bei allen öffentlichen Auftritten Steinbrücks war der Ansturm auf diese Veranstaltung groß. Dutzende Besucher mussten, zu ihrem Verdruss, die Preisverleihung in einem Nebenraum am Fernseher verfolgen. Kein Wunder, schließlich führt der Ex-Minister inzwischen eine deutschen Polit-Rangliste an. Wer aber glaubte, der Rummel um den Vielleicht-Kandidaten habe bald ein Ende, irrt.

Denn Steinbrück schreibt ein neues Buch, zusammen mit Altkanzler Helmut Schmidt, den man mit Fug und Recht inzwischen als die deutsche Polit-Ikone nennen darf. "Zug um Zug" heißt der Band, der Ende Oktober in die Läden kommen soll. Die beiden werden bei einem Schachspiel über politische Themen reden, das Buch wird, wenn man die Dinge richtig versteht, eine Art Protokoll. Wenn diese beiden im Herbst ihr Werk vorstellen, sei es im Saal, sei es in einer TV-Talk-Show, wird es jede Menge Tohuwabohu geben, kurz vor dem SPD-Parteitag Anfang Dezember.

Parteichef Sigmar Gabriel, der Steinbrück vor Monaten einmal für das Amt ins Gespräch gebracht hat, verfolgt das Spektakel bisher recht wohlwollend. Immerhin bringt es der SPD Aufmerksamkeit und Schlagzeilen. Auch Steinbrücks Gegner in der Partei nehmen bislang keinen großen Anstoß an dem unerklärten Wettbewerb, der nach dem Willen Gabriels frühestens 2012 beendet werden soll. Von Steinbrück wünschen sich seine Anhänger und Kritiker vor allem eines: Er soll bei dem Kandidatenspiel nicht übertreiben.

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