Süddeutsche Zeitung

Abschlussbericht:Behörden räumen Fehler im Missbrauchsfall Staufen ein

  • Im Abschlussbericht zum Staufener Missbrauchsfall haben die Behörden Versäumnisse eingeräumt.
  • Nicht alle Möglichkeiten zur Erkenntnis seien ausgeschöpft und vorhandene Informationen "nicht frühestmöglich" weitergegeben worden.
  • Auf Landesebene steht eine Aufarbeitung noch aus.

Im Missbrauchsfall von Staufen haben die Behörden Fehler und Versäumnisse eingeräumt. In dem Ort bei Freiburg wurde ein heute zehn Jahre alter Junge trotz Warnungen mehr als zwei Jahre von seiner Mutter Berrin T. und deren Lebensgefährten Christian L. missbraucht und an andere Männer verkauft. In dem Abschlussbericht heißt es, nicht alle Erkenntnismöglichkeiten seien ausgeschöpft und vorhandene Informationen "nicht frühestmöglich" weitergegeben worden.

Die Arbeitsgruppe des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG) sowie des Amtsgerichts Freiburg und des Landratsamtes Breisgau-Hochschwarzwald empfahlen unter anderem, dass das Jugendamt künftig alle Einschätzungen und Informationen zu einem Fall unverzüglich an beteiligte Gerichte weitergibt. Justiz und Behörden hatten die Vorgänge rund um den Fall in den vergangenen Wochen intern aufgearbeitet.

Nach den Vorfällen will das Jugendamt seine Arbeit verbessern. Der Leiter des Dezernats Soziales und Jugend des Landratsamtes Breisgau-Hochschwarzwald, Thorsten Culmsee, sagte: "Wir haben unsere Rolle nicht voll ausgespielt." Das Jugendamt habe etwa die Entscheidung der Gerichte, das betroffene Kind nicht anzuhören, nicht kritisch hinterfragt und sei dem nicht entgegengetreten, sagte Culmsee. Er kündigte an, dass für das Jugendamt eine neue Stelle für einen Volljuristen geschaffen werde, diese sei ausgeschrieben.

Alexander Riedel, Präsident des OLG, sagte: "Es geht nicht um Schuldzuweisungen. Sondern wir wollten die Vorgänge fachmännisch aufarbeiten." Jeder würde das Geschehene gerne ungeschehen machen. "An erster Stelle steht das Bedauern über das Schicksal des Jungen, das nicht rückgängig zu machen ist", sagte Riedel. Eine Aufarbeitung auf Landesebene steht noch aus und soll mithilfe einer interministeriellen Arbeitsgruppe (IMA) aus Sozial-, Justiz- und Innenministerium geleistet werden.

Den Behörden waren in dem Fall schwere Fehler vorgeworfen worden. Unter anderem wurde ein Kontaktverbot des einschlägig vorbestraften Lebensgefährten zu Kindern nicht überwacht. Das Kind wurde außerdem nach vierwöchiger Inobhutnahme zurück in die Familie geschickt - ohne angehört zu werden und einen Rechtsbeistand zu bekommen.

Berrin T. und Christian L. sind bereits verurteilt worden. Sie muss für zwölfeinhalb Jahre ins Gefängnis, ihn erwarten zwölf Jahre mit Sicherheitsverwahrung. Beide Angeklagte hatten die Taten im Prozess eingeräumt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4119180
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/saul/eca
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.