Statistik:Renten sollen neu berechnet werden

Das Bundesarbeitsministerium plant eine Neuregelung der Rentenberechnung. Ohne den Eingriff gäbe es im kommenden Jahr eine kräftige Erhöhung, im darauffolgenden Jahr aber nur eine minimale Steigerung.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Das Bundesarbeitsministerium will durch eine Gesetzesänderung die anstehenden Rentensteigerungen gleichmäßiger auf die nächsten beiden Jahre verteilen. Das geht aus einem Vermerk des Ministeriums hervor, aus dem zuerst die Frankfurter Allgemeine Zeitung zitierte. Konkret würde das für die 21 Millionen Rentner im nächsten Jahr eine geringere Steigerung ihrer Bezüge nach sich ziehen. Im darauffolgenden Jahr würden sie dagegen stärker steigen als bislang geplant.

Hintergrund ist der Mechanismus, über den die Rente an die tatsächliche Lohnhöhe angepasst wird. Das Sozialgesetzbuch sieht vor, dass dazu der Rentenwert nach einer komplizierten Formel um die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter angepasst wird. Dafür wird das vorangegangene Kalenderjahr mit dem vorvergangenen Jahr verglichen. Grundlage dafür wiederum ist die sogenannte Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, die beim Statistischen Bundesamt geführt wird. Sie erfasst neben der Wirtschaftsleistung und der Verwendung des Bruttoinlandsprodukts auch die Entwicklung der Löhne und Gehälter.

Die Anhebung der Renten würde nicht ausfallen, aber zeitlich gestreckt

Alle fünf Jahre werden diese Berechnungen aktualisiert und gegebenenfalls revidiert - turnusmäßig zuletzt im August. Hier flossen neue Daten und Berechnungsmethoden ein. Das Ergebnis: Die Bruttolöhne sind stärker gestiegen als ursprünglich veranschlagt. Um Brüche in den Zeitreihen zu vermeiden, wurden die Ergebnisse bis zum Jahr 2000 zurück neu berechnet. Die Lohnzuwächse fallen damit in jedem Jahr um etwa ein Zehntel höher aus als vor der Revision. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung allerdings macht sich das im nächsten Jahr doppelt stark bemerkbar. Denn für die Rentenformel, die jeweils im Frühjahr für die Anpassung im Juli durchgerechnet wird, werden im kommenden Jahr die revidierten Daten des Jahres 2019 mit noch nicht revidierten Daten des Jahres 2018 verglichen - so will es das Gesetz. "Die Höhe der Rentenanpassung 2020 würde damit deutlich verzerrt", heißt es nun in dem Vermerk. Nach aktuellem Rechenstand könnte sie um rund zwei Prozentpunkte höher ausfallen, als läge die tatsächliche Lohnentwicklung zugrunde.

Für Deutschlands Rentner könnte das im kommenden Jahr eine Erhöhung um rund 5,4 Prozent nach sich ziehen. Jedenfalls nach bisheriger Rechtslage. Das Bundesarbeitsministerium will diesen Effekt durch eine Änderung des Sozialgesetzbuches glätten. Die Bruttolöhne und -gehälter sollen künftig jeweils in ihrer aktuellsten Fassung miteinander verglichen werden. Der Sprung, wie er durch die Revision der Daten entsteht, würde so ausgeglichen. "Damit wird sichergestellt, dass sich die Rentenanpassung an der tatsächlichen Lohnentwicklung orientiert", heißt es im Vermerk. Eine solche Glättung hat jüngst auch das Kieler Institut für Weltwirtschaft empfohlen.

Die Anhebung der Renten würde nicht ausfallen, aber zeitlich gestreckt. 2021 würde die Erhöhung um zwei Prozentpunkte höher ausfallen. Ohne die Gesetzesänderung wären es wohl nur 0,7 Prozent Steigerung. Und das in dem Jahr, in dem, Stand jetzt, die nächste Bundestagswahl stattfindet.

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