Stasi-Vorwürfe:Neue Dokumente setzen Gysi unter Druck

Gregor Gysi Stasi Immunität Linke

Gregor Gysi wird vorgeworfen, eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben zu haben. 

(Foto: dpa)

Neuen Stasi-Vorwürfe gegen Gregor Gysi: Der Spitzenkandidat der Linken bestreitet vehement, als Anwalt in der DDR mit der Staatssicherheit zusammengearbeitet zu haben, neue Dokumente bringen den Fraktionschef der Linken aber in Erklärungsnot.

In der Stasi-Unterlagen-Behörde ist nach Informationen des Nachrichtenmagazins Spiegel ein Dokument aufgetaucht, das den Druck auf Linke-Fraktionschef Gregor Gysi erhöhen könnte. Nach einer Stasi-Liste habe der Inoffizielle Mitarbeiter "Notar" des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) im Februar 1985 eine Urkunde und eine Münze erhalten, und zwar anlässlich des 35. Jahrestags der Stasi-Gründung, meldet das Magazin.

Die Stasi habe die Auszeichnung als "Zeichen des äußeren Dankes für die große Unterstützung bei der Durchführung der uns von Partei und Staatsführung gestellten Aufgabe" verliehen. Unterzeichnet sei die Urkunde von Stasi-Minister Erich Mielke.

Gysi räumt zwar Kontakte zur Stasi ein, bestreitet aber, als Spitzel unter dem Decknamen "Notar" wissentlich oder willentlich Informationen über Mandaten oder andere Personen an die Stasi weitergegeben zu haben.

Der Politiker hatte immer erklärt, unter dem Namen "Notar" habe die Stasi offenbar in einer Art Sammelmappe Informationen aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Gysi ließ dem Spiegel-Bericht zufolge nun mitteilen, er habe "nie irgendwelche Geschenke, Auszeichnungen, Urkunden, Orden oder Geld vom MfS erhalten".

Der ehemalige Dissidenten-Anwalt Gysi war Anfang Februar erneut wegen einer angeblichen Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit in der DDR unter Druck geraten: Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen Versicherung im Zusammenhang mit einer NDR-Dokumentation zu seiner Vergangenheit. Nach einem Bericht der Welt am Sonntag soll Gysi 1989 der Stasi über ein Interview mit dem Spiegel berichtet haben, obwohl er in der Versicherung angab, nicht "wissentlich oder willentlich" mit der Stasi über Mandanten oder "sonst jemanden" gesprochen zu haben.

Angeblich doch mehr Treffen mit Stasi-Mitarbeitern

Auch die Welt am Sonntag berichtet von bislang unveröffentlichten Dokumenten aus der Unterlagenbehörde. Laut der Zeitung erhärten sie den Verdacht, Gysi habe nicht die volle Wahrheit über seine Verbindungen zur SED-Geheimpolizei gesagt. Gysi soll demnach noch am 12. Oktober 1989, drei Tage nach der großen Montagsdemonstration in Leipzig, den Stasi-Leutnant Uwe Berger getroffen haben, schreibt die Zeitung unter Berufung auf ihr vorliegende Dokumente. Gysi habe sich offenbar zudem mit dem Mitarbeiter der Berliner Bezirksverwaltung der Staatssicherheit am 29. März 1989 ausgetauscht.

Berger habe nach diesem Treffen drei Protokolle angefertigt, die auch anderen Abteilungen der Staatssicherheit zur Verfügung gestellt worden seien, heißt es in dem Bericht. Diese Treffen stünden im Widerspruch zu einer Presseerklärung der Bundestagsfraktion der Linken, die am 10. Februar 2013 mitteilte, ihr Vorsitzender habe sich zuletzt am 16. Februar 1989 mit Berger und einem weiteren hauptamtlichen MfS-Mitarbeiter getroffen. "Weitere diesbezügliche Gespräche lehnte Gregor Gysi übrigens ab und verwies an seinen Stellvertreter", zitiert die Zeitung aus der Mitteilung der Fraktion.

Gysi habe der Welt am Sonntag dazu über seinen Sprecher ausrichten lassen, die Dokumente müssten erst eingesehen werden. "Ich werde dann dazu Stellung nehmen", sagte Sprecher Hendrik Thalheim der Zeitung. Gysi soll dem Bericht zufolge der Stasi auch über Mandanten berichtet haben, ohne dabei allerdings Namen zu nennen.

Gysi weist die Vorwürfe zurück. Er streitet nicht ab, dass er im Interesse seiner Mandanten auch Kontakte zu Staatssicherheitsleuten unterhalten musste. Nach Angaben der Hamburger Staatsanwaltschaft hat Gysis Anwalt Akteneinsicht beantragt, derzeit läuft die in einem Monat endende Frist für eine Stellungnahme.

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