Die Fördermittelaffäre um Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) nimmt einfach kein Ende. Nun wurden erneut interne Chats öffentlich, die Stark-Watzingers Ministerium eigentlich gerne unter Verschluss gehalten hätte, mit dem Argument, die Kommunikation dort sei „privat“. Die Chats, aus denen am Wochenende zuerst Tagesschau.de zitierte, zeigen, dass über den Messengerdienst Wire durchaus dienstliche Angelegenheiten besprochen wurden – und werfen neue Fragen auf.
Im Kern der Fördermittelaffäre geht es um den Umgang des Ministeriums mit einem offenen Brief, in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Räumung eines propalästinensischen Protestcamps an der FU Berlin kritisierten. In Stark-Watzingers Haus sollte geprüft werden, ob man den unterzeichnenden Wissenschaftlern Fördergelder entziehen könne. Stark-Watzinger betonte immer wieder, von den Vorgängen erst aus den Medien erfahren zu haben, sie habe den entsprechenden Prüfauftrag „nicht erteilt und auch nicht gewollt“. Sie entließ daraufhin ihre Staatssekretärin Sabine Döring, die den Auftrag aus einem Missverständnis heraus erteilt und dann sofort gestoppt haben soll.
Aus den Chatnachrichten geht nun hervor, dass Sabine Döring eine E-Mail, in der sie vor den Mitarbeitenden des Ministeriums die Verantwortung für den Prüfauftrag übernahm, offenbar nicht ganz freiwillig formulierte. Der Leiter einer Unterabteilung soll ihr laut ARD in einem Mailentwurf vorgeschlagen haben, sie solle schreiben, dass sie die „rechtliche Prüfung des offenen Briefes telefonisch beauftragt“ habe. Döring änderte das in ihrer Version dem Bericht zufolge in „verfassungsrechtliche Prüfung“. In der später abgeschickten Mail war dann allerdings wieder von „rechtlicher Prüfung“ die Rede.
Die entlassene Staatssekretärin darf sich nicht äußern
Das macht insofern einen Unterschied, als es bei einer verfassungsrechtlichen Prüfung darum gegangen wäre, ob der Inhalt des Briefes mit dem Grundgesetz vereinbar ist – und nicht, ob es rechtlich möglich wäre, den Unterzeichnern Fördergelder zu entziehen. Laut ARD soll Stark-Watzinger selbst in einer Chatnachricht sichergestellt haben, dass die Mail „bis 11 Uhr im Kasten der Mitarbeiter“ ist, „bevor sie beunruhigt ins Wochenende gehen“.
Eine Sprecherin des Ministeriums teilt der Süddeutschen Zeitung mit: Es sei unzutreffend, dass der Leiter der Unterabteilung die Mail formuliert und aufgezwungen habe. Die Sprecherin verweist auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden, das festgestellt hat, dass Döring „einen entsprechenden Einfluss auf die Gestaltung der E-Mail hatte“. Döring habe die betreffende Formulierung „mit ihrem vollen Einverständnis und einem Herz-Symbol kommentiert“, so die Sprecherin weiter. Darüber hinaus hätten auch Amtsträger die Möglichkeit, sich „persönlich über dienstliche Angelegenheiten auszutauschen“. Solche Kommunikation würde nicht dadurch zur dienstlichen Angelegenheit, dass sie typischerweise vor allem ministeriumsinterne Angelegenheiten betrifft.
Sabine Döring darf sich in der Angelegenheit nicht öffentlich äußern, weil das Ministerium sie nach ihrer Entlassung nicht von der Schweigepflicht entbunden hat. Einen Eilantrag, in dem sie eine Aussagegenehmigung forderte, hatte das Verwaltungsgericht Minden Anfang September abgelehnt.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, eine Klage Dörings sei vom Verwaltungsgericht abgelehnt worden. Tatsächlich handelt es sich um einen Eilantrag. Die Textstelle wurde angepasst.