Eine schwierige Reise, hieß es, bevor es losging. Vertrackte Lage, Ärger, schlechte Stimmung. Aber dann kommt es erst einmal ganz anders. "Welch ein fulminanter Auftakt", wird der Bundespräsident am ersten Tag seiner Reise sagen, noch ganz beseelt von einem wilden Abend im Souk. "Ich habe einige Streitfragen mitgebracht", sagt er auch - und dass Demokratie mit Sprechverboten doch irgendwie schlecht vereinbar sei.
Der Bundespräsident absolviert seinen Antrittsbesuch in Israel und den Palästinensergebieten. Bis Dienstag ist Frank-Walter Steinmeier mit seiner Ehefrau Elke Büdenbender zwischen Jerusalem, Tel Aviv und Ramallah unterwegs. Mission impossible, hatte mancher der Reise prophezeit. Denn der Deutsche ist zu einer denkbar unharmonischen Zeit im Heiligen Land.
Da stört erstens die Entscheidung der israelischen Regierung, die völkerrechtswidrige Landnahme in Ost-Jerusalem und dem Westjordanland voranzutreiben. Zweitens hat die Bundeskanzlerin die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen auf Eis gelegt. Und drittens ist Außenminister Sigmar Gabriel bei Israels Premier Benjamin Netanjahu in Ungnade gefallen, weil er die regierungskritischen Menschenrechtsgruppen Breaking the Silence und B'Tselem traf. Es kam zum Eklat, Netanjahu sagte sein Treffen mit Gabriel ab.
In Israels Zivilgesellschaft zollen Kritiker und Intellektuelle Gabriel Respekt
Auf Regierungsebene hat die Freundschaft zwischen den Ländern bessere Tage gesehen. In Israels Zivilgesellschaft aber zollen kritische Geister und Intellektuelle Gabriel Respekt. Sie schätzen deutsche Staatsgäste, die sich der Verantwortung für Krieg und Holocaust zwar uneingeschränkt stellen, Israels Regierenden aber deshalb nicht gebückt begegnen mögen.
Durch dieses Spannungsfeld kreuzt Steinmeier. Breaking the Silence und B'Tselem trifft er nicht, er will der deutsch-israelischen Freundschaft keinen Bärendienst erweisen. Stattdessen versucht er, gekappte Kontakte zu löten, sich nützlich zu machen im Generationenwerk deutsch-israelischer Versöhnung. Nicht die NGOs wird er am Montag treffen, aber deren Fürsprecher, die Schriftsteller David Grossman und Amos Oz zum Beispiel. Auch ein Treffen mit Netahjahu steht an. Und stets ist Steinmeier anzumerken: Dieser Ausflug ist ganz nach seinem Geschmack.
Bevor es strapaziös wird, tauchen die deutschen Gäste jedoch am Samstagabend in den Mahane Yehuda Markt ein. Es ist finster, irgendwo wummert Rapmusik, dann öffnet sich eine Tür: Plötzlich stehen Steinmeier und Büdenbender mit dem israelischen Präsidenten Reuven Rivlin in einem Basar. Hunderte junger Leute trinken an Holztischen Bier, als sie die weißhaarigen Herrschaften sehen, johlen und klatschen sie. Unklar, wem das Johlen gilt, aber egal. Hier wird gefeiert, dicht an dicht. Sicherheitsbedenken? Ein andermal. Gäste und Gastgeber strahlen. Willkommen in Israel, dem etwas anderen Land.
So munter taktet eine Reise auf, die bald ernstere Töne begleiten werden. Am Sonntagmorgen legen Steinmeier und seine Frau Steine auf die Gräber der Friedensnobelpreisträger Jitzchak Rabin und Schimon Peres. Ein Kranz für Jassir Arafat soll folgen, am Dienstag im Westjordanland. Der Bundespräsident stellt sich in die Tradition der großen Friedenswerker.