Süddeutsche Zeitung

SS-Massaker in Oradour:Gericht verzichtet auf Anklage gegen 89-Jährigen

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Der Beschluss des Gerichts

SS-Männer töteten vor 70 Jahren mehr als 600 Menschen in einem französischen Dorf. Ein heute 89 Jahre alter Kölner soll als 19-Jähriger an dem Massaker beteiligt gewesen sein. Das Landgericht in Köln geht aber davon aus, dass dem Rentner eine aktive Beteiligung nicht mehr nachzuweisen ist. Deshalb wurde nach Auskunft des Gerichtes die Eröffnung eines Hauptverfahrens gegen den Mann abgelehnt.

Der Mann habe zwar nie bestritten, als Mitglied des SS-Panzergrenadier-Regiments 4 "Der Führer" beim Massaker von Oradour-sur-Glane am 10. Juni 1944 vor Ort gewesen zu sein, stichhaltige Beweise dafür, dass er selbst Menschen getötet oder aktiv bei der Ermordung der 642 Dorfbewohner geholfen habe, sieht das Gericht aber nicht. Der 89-Jährige selbst sagt, weder geschossen noch Bewachungs- oder Transportaufgaben übernommen zu haben.

Diese Darstellung des Rentners werde "mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln voraussichtlich nicht zu widerlegen sein", befand das Kölner Landgericht. Gegen die Entscheidung kann die Staatsanwaltschaft Beschwerde einlegen.

Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft

Die für die Verfolgung von NS-Verbrechen zuständige Staatsanwaltschaft Dortmund wirft dem Mann vor, gemeinsam mit anderen Mitgliedern seiner Kompanie 25 Menschen getötet zu haben. Zudem wird ihm Beihilfe zum Mord an Hunderten weiteren Menschen zur Last gelegt.

Bei dem Massaker in Oradour-sur-Glane waren am 10. Juni 1944 insgesamt 642 Zivilisten von SS-Soldaten ermordet worden, darunter 452 Frauen und Kinder. Nur wenige Einwohner überlebten das Massaker, an dem mindestens 120 Soldaten der 3. Kompanie des SS-Panzergrenadier-Regiments 4 "Der Führer" beteiligt waren, das zur 2. SS-Panzerdivision "Das Reich" gehörten. Die Division war nach schweren Verlusten an der Ostfront nach Südwestfrankreich verlegt worden.

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