Süddeutsche Zeitung

Sprach-Ratgeber der CDU:Erst die Emotionen, dann die Fakten

Die CDU setzt im Wahlkampf auf Gefühle - das empfiehlt zumindest ein parteiinterner Ratgeber. Dieser "Leitfaden für gute Sprache im Wahlkampf" rät allen Bundestagskandidaten, in Reden "starke Begriffe" wie Heimat, Leistung und Ordnung zu verwenden - und Ausdrücke wie Herdprämie oder Mindestlohn zu vermeiden.

Von Robert Roßmann, Berlin

Mit dem Wahlkampf ist es ja so eine Sache. Politiker verklären ihn gern zum "Hochamt der Demokratie". Nie sei man dem Bürger näher als in den Wochen vor der Wahl. Doch in der Praxis geht es Politikern oft wie dem Priester auf der Kanzel: Es fehlt an der richtigen Sprache, um die eigene Botschaft erfolgreich loszuwerden.

Heerscharen von Kandidaten müssen das gerade schmerzhaft erleben: In den Zelten findet das Bier auf dem Tisch mehr Beachtung als die Rede auf dem Podium. Nun könnte man es sich einfach machen und mit Fredl Fesl sagen: Das Bierzelt heißt Bierzelt, weil im Bierzelt nur das Bier zählt. Aber mit derlei lebensfrohen Weisheiten aus dem Süden hat die protestantische Merkel-CDU wenig am Hut.

Generalsekretär Hermann Gröhe, selbst eher ein Mann der Tat als des Wortes, hat deshalb in seiner Parteizentrale ein Konvolut zusammenstellen lassen. "Die richtigen Worte finden - Leitfaden für gute Sprache im Wahlkampf", heißt die interne Handreichung. Geschrieben haben sie Mitarbeiter der Abteilung Marketing und Interne Kommunikation. 18 Seiten ist das Heft stark geworden, die Partei hat es an alle Bundestagskandidaten und Kreisverbände verschickt. Aber wie klingt denn nun die Redekunst à la CDU?

Wer durch das Heft blättert, findet zunächst allerlei Ratschläge, die auch manchem Journalisten helfen würden - etwa die "5 Tipps" für eine gute Sprache: "Seien Sie persönlich! Sprechen Sie einfach, bildhaft, emotional! Heben Sie die persönliche Bedeutung hervor! Liefern Sie Information plus Emotion! Überraschen Sie!"

Keine Begriffe der politischen Konkurrenz

Zwischen derlei allgemeinen Empfehlungen finden sich dann aber auch ein paar handfeste. "Benutzen Sie nicht die Schlagwörter der politischen Konkurrenz - auch nicht in der Verneinung", verlangen die Autoren. Damit würde man sich nur zum Handlanger der Opposition machen. Die CDU-Kandidaten sollen deshalb die Begriffe "Bürgerversicherung", "Mindestlohn" und "Herdprämie" nicht mehr in den Mund nehmen.

Stattdessen empfiehlt die Parteizentrale, auf "starke Begriffe und Formulierungen für die CDU" zu setzen - und gibt dazu gleich einen ganzen Katalog an die Hand: "christlich", "bodenständig", "führungsstark", "Tradition", "Wohlstand", "Heimat", "Leistung", "Ordnung" oder "gutes Regieren" - all das stehe für die Union.

Überhaupt setzt der Ratgeber auf Gefühle. "Argumentieren Sie vor allem mit starken Werten und Emotionen - selbst wenn Sie starke Fakten haben, reden Sie zuerst über Werte!", fordert die Partei. Je stärker die Emotion, desto höher sei die Chance, dass die Argumente gehört würden. Schließlich gelte: "70 bis 80Prozent aller Entscheidungen und Urteile fallen unbewusst."

Deshalb komme es auf die richtigen Begriffe an. Die Broschüre enthält eine lange Liste von Wörtern und Phrasen, die die Wahlkämpfer künftig nicht mehr verwenden sollen. Statt "Breitbandversorgung" soll es in den Reden etwa "schnelles Internet" heißen. Und aus "kümmern" soll "packen an" werden.

Am Ende des Heftes empfiehlt die CDU ihren Kandidaten dann sogar eine Floskel, mit der sie Antwortbriefe an Bürger beginnen sollen. "Wir bekommen viele Anfragen wie Ihre - und ich kann Ihnen versichern: Uns treibt das Thema genauso um wie Sie." Na dann.

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SZ vom 21.08.2013/schä
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