Sperranlagen:Hart an der Grenze

Donald Trump will eine Mauer zwischen Mexiko und den USA bauen lassen. Die Idee, sich durch Wälle und Sperrwerke abzuschirmen, ist alt - doch wo sie errichtet wurden, war der Aufwand meist weit größer als der Nutzen.

Von SZ-Autoren

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Trump-Mauer

Trumps Pläne: Wer für die Mauer zu Mexiko zahlt

Quelle: dpa

Donald Trump ist nicht der erste US-Politiker, der davon redet, die Grenze zu Mexiko mit einer Mauer dichtzumachen. Geschafft hat es bisher keiner. Die Grenze ist mehr als 3000 Kilometer lang, über weite Strecken verläuft sie durch Wüste. Genaue Pläne hat Trump bisher nicht verkündet. Sicher ist: Eine derart lange Mauer zu bauen und zu unterhalten, würde zig Milliarden Dollar kosten. Einige Teile der Grenze sind bereits durch Metallzäune oder Stahlbarrieren abgesperrt, vor allem dort, wo die Grenze Städte durchschneidet. An anderen Stellen gibt es so genannte virtuelle Zäune - Kameras und Sensoren, die den US-Grenzern zeigen, ob Menschen versuchen, illegal in die USA zu gelangen. Geholfen hat das alles bisher wenig.

Hubert Wetzel

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Atlantikwall

Deutsche Artilerie am Atlantikwall, 1942

Quelle: Süddeutsche Zeitung Photo

Noch heute, mehr als 70 Jahre nach seiner Entstehung, ist der Atlantikwall ein Denkmal deutscher Megalomanie. Im Dezember 1941 gab Hitler die Anweisung, Tausende Kilometer von Europas Westküste zwischen Südfrankreich und Norwegen mit einem Sperrgürtel von Bunkern, Geschützbatterien, MG-Nestern und Panzertürmen zu versehen. Bis zum Juni 1944, als die Alliierten in der Normandie den Atlantikwall binnen Stunden durchbrachen, wurde zweieinhalb Jahre lang daran gebaut. Das geschah vor allem durch die Organisation Todt, eine Art staatseigener Riesenkonzern, mit Hunderttausenden Zwangsarbeitern, darunter auch KZ-Häftlinge. Strategisch war der Atlantikwall ein gigantischer Fehler, weil eine solche Befestigungslinie im Zeitalter der Luftbeweglichkeit, der Konzentration von Feuerkraft und der materiellen Überlegenheit große Armeen nicht aufhalten und kleine Kommandounternehmen nicht verhindern konnte. Von den mehr als 8000 Bunkern sind viele noch vorhanden. Sie erscheinen wie Überbleibsel aus einer Welt militärischer Saurier und stammen dennoch aus unserer eigenen frühen Gegenwart.

Kurt Kister

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Limes

Nachbau Limeswachturm, 2005

Quelle: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Wenn die Deutschen vom Limes sprechen (limes ist das lateinische Wort für Grenze), dann meinen sie den Obergermanisch-Raetischen Limes. Der bildete die mehr als 500 Kilometer lange Grenzlinie zweier Provinzen des Imperium Romanum zwischen Rhein und Donau und sollte die Zivilisation gegen die wilden Völker aus den großen Wäldern absichern. Auch anderswo haben die Römer Außengrenzen befestigt; am bekanntesten ist der Hadrianswall in der britannischen Provinz. Der "deutsche" Limes war nicht nur eine Befestigungsanlage mit Kastellen, Erdwällen, Wachtürmen, Holzpalisaden und Mauerstücken. Er war auch eine Wirtschaftsgrenze, die keineswegs geschlossen war, sondern mit vielen Toren und Durchgängen den Warenverkehr förderte. Der Limes war sowohl Instrument der Abhaltung als auch eine Markierung, wo jene Welt begann, in der etwas zu verdienen war. Seine Entstehung kann nicht auf wenige Jahre datiert werden, und er wurde an unterschiedlichen Stellen unterschiedlich intensiv ausgebaut. Um 110 n. Chr. entstanden im Odenwald eine Fülle hölzerner Wachtürme, die zum frühen Limes gehörten. Gegen 260 stellte der Limes dann keine Behinderung der nach Süden drängenden Germanen mehr dar. Allerdings wurden noch 150 Jahre später Kastelle oder Abschnitte des Limes von Truppen des spätrömischen Kaisertums genutzt. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Limes zu einem deutschen Mythos, weniger wegen des römischen Diesseits als vielmehr wegen des germanischen Jenseits.

Kurt Kister

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Chinesische Mauer

DRACHEN AUF CHINESISCHER MAUER

Quelle: DPA

Mythos Nummer eins: Man kann sie vom Mond aus sehen. Fakt ist: Nein, kann man nicht. Mythos Nummer zwei: Auf Chinesisch heißt sie "zehntausend Meilen lange Mauer", und so wie der Name nahelegt, handelt es sich bei dem Bauwerk um eine einzige lange Mauer. Fakt ist: Von Beginn vor mehr als zwei Jahrtausenden an waren es stets eine Vielzahl von Mauerstücken, die auch mal stückweise parallel zueinander verliefen oder eine Lücke aufwiesen. Deswegen gibt es auch verschiedene Längenschätzungen, die meisten liegen zwischen 5000 und 7000 Kilometern. Der erste Kaiser verband um 220 vor Christus erstmals eine Reihe von Wällen der von ihm besiegten Königreiche zu einer längeren Mauer. Damals waren es noch Erdwälle. Die aus Stein- und Ziegelblöcken gebauten Mauerstücke, die man heute besuchen kann, stammen aus der Ming-Dynastie (1368-1644). Mythos Nummer drei: Die Große Mauer hielt den Chinesen die Nomaden aus dem Norden vom Hals. Fakt ist: Das klappte nie so richtig. Immer wenn es darauf ankam, erwies sich die Mauer als nutzlos. So als die Mongolen unter Kublai Khan 1279 China eroberten. Oder 1644, als die Mandschus es ihnen gleichtaten. Damals reichte ein verräterischer General, der den Reitern aus dem Norden die Tore öffnete. Die Mauer war schon in der Frühzeit mehr politisches Symbol als Verteidigungsbauwerk: Sie markierte die Grenze zwischen Zivilisation (ackerbauenden Chinesen) und Barbaren (nomadisierenden Reitervölkern). Dem chinesischen Volk war sie über Jahrhunderte ein Symbol für Grausamkeit und Verschwendung der Kaiser. Erst die chinesischen Nationalisten des letzten Jahrhunderts erfanden die Mauer neu als ein Wahrzeichen für Chinas Größe.

Kai Strittmatter

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Berliner Mauer

20 Jahre Mauerfall

Quelle: dpa

Sie war eine Demonstration der Staatsmacht, aber auch ein Bollwerk der Furcht und des Misstrauens - weniger vor äußeren Feinden, als vor der eigenen Bevölkerung. Die Berliner Mauer diente genauso wie das mit Metallgitterzäunen, Stacheldraht und Selbstschussanlagen gesicherte Sperrsystem an der innerdeutschen Grenze vor allem einem Zweck: die DDR-Bürger an der Ausreise zu hindern. Notfalls mit Waffengewalt. Mit dem Bau der Mauer, die vom 13. August 1961 bis zum 9. November 1989 die Stadt, aber auch viele Familien in zwei Hälften teilte, wollte die DDR-Führung die massenhafte Abwanderung in den Westen verhindern. Auf einer Gesamtlänge von 155 Kilometern erstreckte sich der Riegel, der ganz West-Berlin einschloss, auch wenn die Blicke der Wachmannschaften auf den 302 Beobachtungstürmen meist dem eigenen Staatsgebiet galten. Nur wenigen gelang es, dieses Monument der Freiheitsberaubung zu überwinden; mindestens 136 Menschen kamen an der Berliner Mauer ums Leben. Und dann kam die Nacht vom 9. auf den 10. November 1989, als die Grenzübergänge auf einmal offen standen und die Menschen das Bollwerk endgültig überwanden.

Christian Mayer

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Anastasios-Wall

BESTPIX Istanbul City of Mosques

Quelle: Chris McGrath

Wenige haben je von ihm gehört, wenig auch ist übrig: Und doch war der Anastasioswall eines der größten Bauprojekte der Spätantike. Er verschlang Unsummen Geld, band Arbeitskräfte und Ressourcen - und nutzte praktisch gar nichts. Nach dem Untergang des Weströmischen Reiches 476 planten die Oströmer, ihre prächtige Hauptstadt Konstantinopel weiträumig abzuschirmen. Gut 65 Kilometer westlich der Metropole ließ Kaiser Anastasios (491-518) eine steinerne Sperrmauer quer über die schmale thrakische Halbinsel ziehen, über 56 Kilometer vom Schwarzen Meer bis zum Marmarameer. Das Sperrwerk war etwas über fünf Meter hoch und durch Graben, Türme und Kastelle gesichert. Es waren harte Zeiten, und der Anastasioswall hielt ihnen nicht stand. Wieder und wieder durchbrachen slawische und awarische Invasoren die Mauer - eine Fehlinvestition epochalen Ausmaßes. Der Wall war zu schwach und viel zu lang, um ihn verteidigen zu können: So viele Soldaten konnte das bedrängte Reich niemals aufbringen. Erst an der dreifachen Stadtmauer der Kaiserstadt selbst scheiterten die Angreifer wieder und wieder. Der vorgelagerte Wall aber verfiel, englische Archäologen haben nach 1994 seine Überbleibsel erforscht - ein Mahnmal der Vergeblichkeit.

Joachim Käppner

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Israelische Sperranlage

Mauer im Westjordanland

Quelle: dpa

In Sachen Mauerbau inszeniert sich Israels Premierminister Benjamin Netanjahu gern als Vorreiter. Kein Wunder also, dass er gleich per Twitter wissen ließ: "Präsident Trump hat recht. Ich habe eine Mauer an Israels südlicher Grenze gebaut. Sie hat die illegale Immigration gestoppt. Großartiger Erfolg, großartige Idee." Seinen Wählern verspricht er seit Langem schon, Israel ringsherum abzuschotten. "Wir müssen uns gegen Raubtiere verteidigen", pflegt er zu sagen. Gut befestigte Grenzanlagen gibt es also im Norden gegenüber den Feindesländern Libanon und Syrien, doch auch an die Grenzen zu Jordanien und Ägypten, mit denen Israel Frieden geschlossen hat. Die "Mutter aller Mauern" aber zieht sich rings um das palästinensische Westjordanland - teils als Betonwall, teils als mehrfach gesicherter Gitterzaun. Begonnen worden war mit diesem 700 Kilometer langen Wall 2002, auf dem Höhepunkt der zweiten Intifada, um Selbstmordattentäter fernzuhalten. Doch mit dieser Sperranlage wird nicht nur das Land geschützt, sondern auch Land geraubt, weil sie teils tief in palästinensisches Gebiet einschneidet.

Peter Münch

© SZ vom 4./5.2.2017/lala
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