Spekulationen um Kabinettsumbildung:Die Angst vor den Falken

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Mit dem Wahlsieg in der Tasche hat US-Präsident Bush erstmals seit drei Monaten eine Kabinettssitzung anberaumt - und damit Spekulationen über eine Umbildung seiner Führungsriege ausgelöst. In Europa befürchten viele einen Rechtsruck innerhalb der Bush-Regierung. Mit Irans Atomprogramm steht bereits der nächste Härtetest für die neokonservative Sicherheitsdoktrin vor der Tür.

US-Präsident Bush hat sich am Donnerstagmorgen erstmals seit drei Monaten mit seinen Ministern im Weißen Haus getroffen. In Washington wurde darüber spekuliert, wer in der zweiten Amtszeit aus der Regierung ausscheiden könnte.

Bush mit seinem gemäßigten Außenminister Powell und seinem neokonservativen Verteidigungsminister Rumsfeld. (Foto: Foto: AP)

Als ziemlich sicher gilt, dass der als gemäßigt geltende Außenminister Colin Powell geht. Ebenso könnten die nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, Gesundheitsminister Tommy Thompson und möglicherweise auch Heimatverteidigungsminister Tom Ridge ihre bisherigen Posten aufgeben.

Vermutet wird auch, dass Justizminister John Ashcroft gehen wird. Wegen seiner erzkonservativen Ansichten und der von ihm durchgesetzten erheblichen Einschnitte in den Bürgerrechten ist der 62-Jährige selbst bei den Republikanern umstritten.

Einfluss der Neokonservativen wird weiter zunehmen

Verteidigungsminister Donald Rumsfeld soll dagegen deutlich gemacht haben, dass er bleiben wolle, berichtete die Los Angeles Times am Donnerstag unter Berufung auf Mitarbeiter. Rumsfeld zählt neben seinem Stellvertreter Wolfowitz zum Lager der neokonservativen Hardliner, also der so genannten Falken.

In Europa blicken die Regierungen mit Spannung darauf, wie sich Bush positionieren wird. An den Personalentscheidungen werde der künftige Kurs ablesbar sein, heißt es im deutschen Regierungslager.

Wenn etwa der pragmatische Colin Powell als Außenminister ausscheidet, könnte dies ein Signal dafür sein, dass der Einfluss der Neokonservativen in der neuen US-Regierung weiter zunimmt.

Der erste transatlantische Härtetest steht bereits in diesem Monat bevor. Das iranische Nuklearprogramm kommt vor die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO).

In Berlin gibt es Befürchtungen, dass eine durch die Wiederwahl in ihren politischen Überzeugungen noch gestärkte Regierung Bush versucht sein könnte, auch in diesem Fall die militärische Karte auszureizen.

Militärische Alleingänge gegen die Mullahs könnten die Entfremdung mit den Europäern noch verstärken. Denn Bush könnte in diesem Fall nicht einmal sicher sein, seinen bislang engsten Verbündeten Tony Blair aus Großbritannien wie in Irak noch einmal an seiner Seite zu haben.

Bush hatte am Mittwoch bereits das Regierungsprogramm für die nächsten Jahre angerissen: Er will seine befristeten Steuersenkungen festschreiben und die Steuergesetzgebung vereinfachen. Steuerzahler sollen künftig einen Teil der Pflichtbeiträge zur Rentenkasse privat anlegen können. Ferner gab Bush an, das Schulsystem zu verbessern und die Familienwerte hochzuhalten.

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