Schleswig-Holstein:CDU-Landeschef tritt wegen Affäre mit Minderjähriger ab

Lesezeit: 2 Min.

Tiefer Fall eines ehemaligen Hoffnungsträgers: Christian von Boetticher, Spitzenkandidat der CDU für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2012, hat unter Tränen seinen Rücktritt erklärt. Auch das Amt des Landesvorsitzenden will er niederlegen. Von Boetticher zieht damit die Konsequenz aus einer früheren Liebesbeziehung mit einer 16-Jährigen, wegen der er massiv unter Druck geraten war.

Neun Monate vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein ist der Spitzenkandidat der Nord-CDU, Christian von Boetticher, zurückgetreten. Nach einer Sondersitzung des geschäftsführenden Vorstands in Kiel verkündete der 40-Jährige seine Entscheidung. Auch das Amt des Landesvorsitzenden der Nord-CDU will von Boetticher demnach niederlegen, an seiner Position als Fraktionschef im Kieler Landtag will er dagegen festhalten.

Christian von Boetticher, bislang Spitzenkandidat der schleswig-holsteinischen CDU für die Landtagswahl 2012, erklärt unter Tränen die Gründe für seinen Rücktritt. (Foto: dpa)

Hintergrund ist ein inzwischen beendetes Verhältnis des seinerzeit unverheirateten Landespartei- und Landtagsfraktionschefs: "Ja, es ist wahr, ich hatte mich im Frühjahr 2010 in eine junge Frau verliebt und bin mit ihr mehrere Monate zusammen gewesen", bestätigte der CDU-Politiker. Er sprach von einer "ungewöhnlichen Liebe", die auch vom Umfeld akzeptiert worden sei.

Von Boetticher räumte ein, dass eine solche Beziehung, obwohl sie rechtlich legal sei, bei vielen Menschen auf moralische Vorbehalte stoße. "Es war schlichtweg Liebe", sagte der 40-Jährige. Er habe keinen privaten, wohl aber den politischen Fehler gemacht, die Bedeutung einer solchen Beziehung für eine etwaige Spitzenkandidatur nicht bedacht zu haben, fügte er unter Tränen hinzu. Im Frühjahr 2010 - also weit vor seiner Kür zum Spitzenkandidaten - habe er die Beziehung beendet.

Vertraute des CDU-Politikers hatten angegeben, ihm sei vollkommen klar, dass die damalige Beziehung Erpressungs- und Bedrohungspotenzial gegen ihn und seine Partei berge. Von Boetticher wollte in der Vorstandssitzung geltend machen, dass er aus Liebe gehandelt und nicht gegen Recht und Gesetz verstoßen habe.

In der Nord-CDU hatte das Verhältnis zu der erheblich jüngeren Frau dennoch erhebliche Unruhe und Unverständnis ausgelöst. Laut Bild am Sonntag soll der Kontakt über das Internet-Kontaktnetz Facebook zustande gekommen sein. Eine Bestätigung dafür war weder aus der CDU noch von Boettichers Berater zu bekommen.

Landesvorstand nimmt Rücktritt "mit Respekt zur Kenntnis"

Der geschäftsführende Landesvorstand der CDU Schleswig-Holstein nahm die Entscheidung ihres ehemaligen Spitzenkandidaten in einer Erklärung "mit Respekt zur Kenntnis". Von Boetticher habe "deutlich gemacht, dass er die moralische Komponente falsch eingeschätzt hat. Dafür hat er sich öffentlich entschuldigt und daraus mit seinem heutigen Rücktritt vom Amt des Landesvorsitzenden und dem Verzicht auf die Spitzenkandidatur die Konsequenzen gezogen", hieß es.

Diese Konsequenzen dienten "seinerseits vor allem dem Schutz seiner Privatsphäre. Wir bitten ausdrücklich, diese Privatsphäre aller beteiligten Personen jetzt auch zu schützen und zu respektieren." Über die weiteren Schritte werde der erweiterte Landesvorstand in seiner nächsten Sitzung am 16. August entscheiden.

Ministerpräsident Peter Harry Carstensen sagte der Zeitung Schleswig-Holstein am Sonntag, er habe im Juli von "Gerüchten" über eine frühere Beziehung seines Nachfolgers auf dem Parteivorsitz gehört und das Gespräch mit ihm gesucht. "Ich gehe davon aus, dass er die richtigen Schlüsse daraus zieht", zitierte ihn die Zeitung. Der Vorgang habe "mehr als eine nur rechtliche Dimension".

Harter Schlag für Nord-CDU

Für die gemeinsam mit der FDP in Kiel regierende Nord-CDU ist die Entwicklung ein Dreivierteljahr vor der Wahl ein harter Schlag. Zwar gab es parteiintern immer wieder auch Kritik an Boettichers Führungsstil, aber mit seiner Kür zum Spitzenkandidaten Anfang Mai mit 87 Prozent schien seine Position als Spitzenkandidat trotzdem gefestigt zu sein.

Der 64-jährige Carstensen hatte zuvor bereits auf eine weitere Bewerbung für das Amt des Ministerpräsidenten verzichtet. Boetticher sollte am 4. November in Lübeck als Spitzenkandidat offiziell bestätigt werden. Einflussreiche Christdemokraten sahen in Boetticher aber nie den aussichtsreichsten CDU-Kandidaten für die Landtagswahl.

Mit dem Rücktritt von Boettichers hat die Nord-CDU nun ein schweres Führungsproblem. Eine Umfrage im Mai sah die Partei noch knapp vor der SPD, die mit dem Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig als Spitzenkandidaten die Wahl ansteuert. Albig setzt auf ein Bündnis mit den Grünen, wofür die Chancen nach derzeitigem Stand gut stehen.

© sueddeutsche.de/dpa/aho/ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: