Wolfgang Schäuble:Meisterschaft der Büchsenspanner

Noch ist der Posten nicht zu vergeben - doch über einen Nachfolger für Finanzminister Schäuble wird schon spekuliert. Vor allem drei Namen werden in Berlin genannt - darunter ein Deus ex Machina.

G. Bohsem

Noch bevor der Posten zu vergeben ist, wird über die Nachfolger spekuliert. Das gehört zum Spiel im politischen Berlin, nichts mögen die Büchsenspanner und Spin-Doktoren lieber. Und weil das so ist, löste am Mittwoch ein Bericht über einen möglichen Rücktritt von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine Spekulationswelle aus, die höher wohl nur noch an die New Yorker Wall Street schlägt.

Roland Koch

Ex-Ministerpräsident Roland Koch fungiert als Deus ex Machina.

(Foto: APN)

Beim Nachfolger-Spiel geht es darum, den eigenen Kandidaten unaufdringlich zu platzieren und nonchalant der Konkurrenz zu schaden. Meist werden der Charakter des eigenen Mannes und seine tolle parteipolitische Verankerung betont. Letzteres zieht vor allem bei Medien-Menschen, die sich hauptsächlich mit Parteipolitik beschäftigen.

Viel wichtiger ist es aber, den vermeintlichen Gegner des eigenen Kandidaten über alle Maße zu loben. Daran erkennen die Journalisten den wahren Meister des Spiels - wenn auch meist zu spät. Denn: Wer zu früh genannt wird, gilt schnell auch als verbrannt. Das Schicksal der Fast-Bundespräsidentin Ursula von der Leyen spricht da Bände.

All das sollte man wissen, bevor man erfährt, dass für die Nachfolge Schäubles vor allem drei Namen genannt werden: Innenminister Thomas de Maizière, Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter und der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch (alle CDU). De Maizière gilt als wahrscheinlichste Wahl für Kanzlerin Angela Merkel, Kampeter als problematisch. Koch fungiert als Deus ex Machina und könnte mithin den kürzesten Ruhestand der Politik-Geschichte hinlegen.

Als der 47-jährige Haushaltspolitiker Steffen Kampeter in die Regierung berufen wurde, wollte er vor allem eins beweisen: Ein parlamentarischer Staatssekretär muss kein überflüssiger Grußwort-Vorleser sein. Das Amt, so seine These, könne einen vielmehr für höhere Aufgaben schulen. Tatsächlich mischte Kampeter sich weitaus stärker in das Geschäft als seine Vorgänger. Er trimmte sich auch sonst, verlor einige überflüssige Kilo, rasierte seinen Bart ab, übte sich in der Kunst der geschliffenen Rede und gilt doch weiter als Dampfplauderer und Westfalen-Rambo. "Nicht ministrabel", heißt das dann bei den Spin-Doktoren, jedenfalls noch nicht.

Wer Thomas de Maizière schon einmal über die hohe Staatsverschuldung und ihre Folgen hat reden hören, weiß, wie sehr den Mann das interessiert. "Wie werden wir in Zukunft leben? Wie wollen wir in Zukunft leben?" Nachhaltigkeit, darum geht es, das fasziniert den 56-Jährigen. "Lieber gut leben, als viel haben", lautet eine seiner Antworten, und der Gedanke macht ihm Spaß: Auf Wohlstand verzichten, um mehr Zeit zu haben zum Lesen.

Bundesinnenminister de Maizière war schon mal Finanzminister. Das war in Sachsen und wenn er über seine politischen Erfahrungen spricht, kommt er immer wieder auf diese Zeit zurück. Er war in Dresden auch Innenminister. Darüber spricht er seltener. Das Finanzressort hat ihn geprägt. Als Kanzleramtsminister setzte er sich für die Schuldenbremse ein, die seit kurzem die Ausgaben in Bund und Ländern zügelt. Sie ist auch sein Werk und er sagt über sie: "Darauf bin ich richtig stolz."

Roland Koch war schon immer der Klassenprimus der Politik und deshalb hat er die vornehmste Arbeit des Polit-Pensionärs schon hinter sich. Das obligatorische Buch zum Rücktritt ist bereits geschrieben. Es ist nicht autobiografisch, sondern widmet sich dem Konservativen an sich - eine Art Anleitung für Leute, die sich für konservativ halten, aber nicht so recht wissen, was das eigentlich heißt. Sprich, für die CDU.

Daran sehe man, dass Koch seiner Partei immer noch verbunden ist, heißt es, und weil ihn auch das Amt des Bundesfinanzministers reizen könnte, gilt auch er als Kandidat für Schäubles Nachfolge. An seiner Eignung wird kein Zweifel gelassen. Immerhin setzte er zusammen mit dem damaligen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Peer Steinbrück (SPD) ein umfangreiches Sparpaket in Gang, das als Koch-Steinbrück-Liste berühmt wurde. Um ihn zum Rücktritt vom Rücktritt zu bewegen, müsste Angela Merkel bei ihrem ehemaligen Erzrivalen allerdings große Überzeugungsarbeit leisten. Doch könnte es sein, dass er sich einer dringlichen Bitte der Kanzlerin nicht entziehen könnte. Denn Pflichtgefühl gehört schließlich zum Konservativ-Sein dazu.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: