SPD-Wahlkampf im Saarland:Schulz entdeckt den Saarländer in sich

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz besucht das Saarland

Bei seiner Rede in Spiesen-Elversberg ballt Martin Schulz zuversichtlich die Faust.

(Foto: dpa)
  • Die Saarländer wählen am 26. März einen neuen Landtag.
  • Als prominenter Wahlkampfhelfer reist SPD-Kanzlerkandidat Schulz in die Heimat seines Vaters.
  • In Homburg bringt er die Anhänger zum Toben.

Von Susanne Höll, Elversberg/Homburg

Selbst Leute, die Martin Schulz schon lange kennen, wissen längst nicht alles über den Mann. Dass er einen Großcousin namens Vincent im saarländischen Spiesen-Elversberg hat, der immer noch im Haus des gemeinsamen Großvaters wohnt, einem Bergmann und Vater von elf Kindern. Eines davon hieß Albert. Der war Polizist und der Vater von Schulz. Eine fruchtbare Familie war es gewesen, überall in der Region hat Schulz noch entfernte Verwandte. Auf dieses Wissen hätte man verzichten müssen, wenn nicht am 26. März an der Saar ein neuer Landtag gewählt würde. Deshalb entdeckt Schulz dieser Tage den Saarländer in sich.

Elversberg, gut 13 000 Einwohner, gut 15 Kilometer nordöstlich von Saarbrücken. Hier kam Vater Albert zur Welt, am Mittwochabend beglückt Sohn Martin den Ort. Die SPD hat zum Heringsessen eingeladen, die Halle ist sehr gut gefüllt, weniger der Fische als des Kandidaten wegen. Der macht Wahlkampf, für die SPD-Spitzenkandidatin und Landeswirtschaftsministerin Anke Rehlinger. Die ist noch Vize-Ministerpräsidentin in der großen Koalition, mithin Juniorpartnerin der CDU. In knapp drei Wochen möchte sie die Wahl gewinnen und dann Ministerpräsidentin werden.

Am Jahresanfang lächelte man sie ob dieses Anspruchs noch mitleidig an. Jetzt wird nicht mehr gelächelt. Die Saar-SPD holt mächtig auf, dank des Sohnes von Albert Schulz aus Elversberg. Selbst CDU-Kommunalpolitiker sind zum Heringsmahl gekommen, um sich den Mann aus Berlin anzuschauen. Die SPD ist wieder sexy.

"Martin Schulz ist nicht nur ein halber, sondern zumindest im Herzen ein ganzer Saarländer", schmeichelt Rehlinger dem Gast. Der trägt seinerseits einen roten Wahlbutton mit der Aufschrift "Anke" am Revier und lächelt dankbar. In einem guten halben Jahr ist schließlich Bundestagswahl. Heimatverbundenheit ist in dem kleinen Land der kleinen Leute eine ganz wichtige Sache. "Mein Vater hielt Rheinländer für eine ziemlich schräge Truppe. Heimat verlässt einen eben nie." Die Leute klatschen.

"Wir wollen Martin Schulz"

Zwei Stunden später, in Homburg, klatschen sie nicht nur. Sie toben, pfeifen und stampfen. "Die Hütte ist voll", stellt Rehlinger glücklich fest. Davon hätte sie im Januar wohl noch nicht zu träumen gewagt. Allein ein Zwischenruf stört ihre Rede und die rote Idylle: "Wir wollen Martin Schulz." Missbilligendes Gezische im Saal. Rehlinger, eine selbstbewusste und bodenständige Person ohne Allüren, reagiert cool: "Locker bleiben", rät sie dem Schreier. Und macht alsbald die Bühne frei für Schulz.

Der erweist sich als Kavalier, kehrt erst den Saarländer und dann den Gerechtigkeitskämpfer hervor. Respekt und bessere Löhne für all jene, die sich um Kinder, Alte, Kranke und Verletzte kümmern, die, die gegen Feuersbrünste und Verbrecher kämpfen. Wer mag da nicht applaudieren? Vermutlich hat Schulz so gut wie alle Berufsgruppen aufgezählt, die im Homburger Saalbau sitzen.

Dass Rehlinger Ministerpräsidentin wird, am 26. März, und er Bundeskanzler im September, sagt Schulz auch. Die Leute klatschen wild. Mit wem die SPD dann regieren will, mögen beide nicht so gern sagen. Das ist, aus sozialdemokratischer Sicht, auch ganz verständlich. Denn jedwede Antwort würde die rote Idylle empfindlich stören.

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