SPD-Wahlkampf für Steuererhöhung:Angst vor der Angst um Omas Häuschen

Steuererhöhungen für Bessergestellte - mit dieser Forderung geht die SPD in den Bundestagswahlkampf. Doch jetzt wird ihr bange vor der eigenen Courage.

Susanne Höll

Der SPD, so scheint es, ist inzwischen vor ihrer eigenen Courage bange. Denn die Sozialdemokraten ziehen bekanntermaßen mit der Forderung nach Steuererhöhungen für Bessergestellte in den Bundestagswahlkampf. Solche finanzpolitischen Festlegungen sind einerseits löblich - immerhin bekommen die Bürger eine Ahnung davon, was sie zu erwarten haben.

Andererseits sind sie riskant. Das zeigt der Fall von CDU und CSU, die vor der Bundestagswahl 2005 ankündigten, die Mehrwertsteuer anzuheben. Die Begeisterung der konservativen Anhänger hielt sich, vorsichtig formuliert, in Grenzen. Wer Steuern erhöhen will, macht sich in Wahlkampfzeiten angreifbar. Das wissen die Sozialdemokraten nur zu gut. Schließlich hatten sie seinerzeit lautstark vor der "Merkel-Steuer" gewarnt. Und sie fürchten mit Recht, dass die politische Konkurrenz sie auf dem Weg zur Bundestagswahl 2013 ihrerseits diffamiert.

Deshalb wird jetzt vorgebaut: Noch im Juni wollen SPD-Finanzexperten ein neues Internetportal starten, auf dem sie erklärtermaßen mit einigen gängigen Irrtümern, Vorurteilen und Mythen in Sachen Steuern aufräumen wollen. "Wir wollen Vorfeldarbeit leisten", erklärt Hauptinitiator und Bundestagsabgeordneter Carsten Sieling den Sinn der Aktion. Den SPD-Aktivisten, die alsbald an Straßenständen um Stimmen werben, sollen so auch Argumente für die Erhöhungspläne an die Hand gegeben werden.

Mythos Steuererhöhungspartei

Ein knappes Dutzend "Mythen" wollen die Finanzpolitiker entlarven. Darunter jenes, dass sich der Staat hauptsächlich aus den Tributen der Reichen finanziere. Stimmt so nicht, argumentieren die roten Finanzpolitiker. Jedenfalls dann, wenn man nicht nur auf die Einkommensteuer schaue. Zu deren Aufkommen trügen gutgestellte Haushalte mit Einkommen von mehr als 200.000 Euro zwar überproportional bei. Allerdings lieferten die Top-Verdiener nur 1,2 Prozent des Mehrwertsteueraufkommens.

Und der Vollständigkeit halber weisen die Sozialdemokraten gleich noch darauf hin, dass auch die Sozialabgaben für Rente, Pflege und Gesundheit das Gemeinwesen finanzierten. Und in diese Töpfe zahlten die Wohlhabenden noch nicht einmal ein Prozent ein.

Ein anderes Kapitel soll sich, so Sieling, der Erbschaftsteuer widmen, die die SPD ebenfalls erhöhen will. "Da gibt es immer noch die Angst, dass wir Omas Häuschen besteuern wollen. Das ist natürlich Unsinn", sagt er. Ein weiteres soll sich der Vermögensteuer widmen. Am liebsten wäre es den Initiatoren, wenn auch Ex-Finanzminister und Vielleicht-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück einen Beitrag für das Sammelwerk lieferte. Seinen Worten wird in der SPD in Steuersachen hohes Gewicht beigemessen.

Einen ganz alten Mythos hingegen haben die Internet-Aktivisten bislang nicht eingeplant. Der besagt, dass die SPD die Steuererhöhungspartei Deutschlands ist. Grundsätzlich ist der Glaube der Partei an die Umverteilungskraft des Staates deutlich größer als bei Konservativen oder Liberalen. Die höchsten Einkommensteuersätze aber gab es unter der schwarz-gelben Bundesregierung des damaligen Kanzlers Helmut Kohl.

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