SPD-Wahlkampf:Der Kandidat auf Sommerreise

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Frank-Walter Steinmeier startet in den Wahlkampf. Seine Botschaft: Die SPD gibt die Wahl noch nicht verloren. Drei Frauen sollen das Kampagnen-Team aus routinierten Ministern aufmischen.

Susanne Höll

Von den Sozialdemokraten hat man in den vergangenen zwei Wochen wenig gehört, sieht man einmal von der Anti-Atomkraft-Kampagne von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel sowie dem unerquicklichen Treiben der zerbrochenen großen Koalition in Schleswig-Holstein ab. Die Spitzen-Sozis hatten Ferien, besser gesagt Arbeitsferien. Pünktlich zum Beginn des Urlaubs von Kanzlerin Angela Merkel kehrt die SPD-Führung zurück, zum Start ihres Bundestagswahlkampfes, einer für die Partei und ihren Kanzlerkandidaten gleichermaßen schwierigen Aufholjagd.

Für SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier ist der Urlaub vorbei. Von nächster Woche an wird er sich ganz auf den Wahlkampf konzentrieren (Foto: Foto: dpa)

Denn die Umfragewerte für die Sozialdemokraten sind weiter schlecht, die für den Herausforderer Frank-Walter Steinmeier fast schon entmutigend. Gerade einmal 25 Prozent der Deutschen wünschen sich den Wechsel des Bundesaußenministers ins Kanzleramt, 62 Prozent sind der Meinung, Merkel solle im Amt bleiben, fand die Forschungsgruppe Wahlen heraus. Auf der Beliebtheitsliste rangiert Steinmeier auf dem vierten Platz, hinter seinem Parteikollegen, Finanzminister Peer Steinbrück. Der Kandidat gibt sich gelassen. Er sagt der Bild-Zeitung, Politik sei keine "Casting-Show" und plätschert für den Fotografen im Wassertrog seines Südtiroler Urlaubsquartiers.

Von nächster Woche an macht Steinmeier, so es die Weltlage zulässt, hauptsächlich Wahlkampf. Angesichts der Lage ist das mit Marktplatz-Auftritten nicht getan. Den eigenen Leuten muss abermals versichert werden, dass die Bundestagswahl längst nicht entschieden sei, und dass die SPD sehr wohl gute Chancen habe. Denn in manchen Landesverbänden und auch bei Bundespolitikern gibt es Zweifel, ob und wie man die Auseinandersetzung mit der Union bestehen kann.

Die Zweifler wollen stärker polarisieren

Solche Zweifel sollen bei einem Treffen am Dienstag in Hannover zerstreut werden. Dort kommen alle SPD-Bundestagskandidaten und Wahlstrategen aus den Ländern mit der Bundesspitze zusammen. Themen sind die Organisation und die zentralen Botschaften des Wahlkampfes. Der Vorsitzende Franz Müntefering dürfte auch dort dazu raten, unbedingt die Seiten 12 bis 14 des Wahlprogramms auswendig zu lernen und jeden Tag drei, besser fünf Mitmenschen mit diesem Wissen zu beglücken.

Auf den Seiten 12 bis 14 stehen die acht Themen, mit denen die SPD werben will: Arbeit, Bildung, Klima, Familie, Gleichstellung der Frauen, Integration, Europa, eine neue soziale Marktwirtschaft. Die Zweifler in der Partei sagen, man habe zwar ein solides Programm; doch ob sich die verdrossenen Wähler damit vom Hocker reißen ließen, sei doch fraglich. Man müsse für mehr Aufmerksamkeit sorgen, stärker polarisieren.

Aufmerksamkeit will Steinmeier Mitte der Woche erregen. In einem Potsdamer Hotel trifft sich am Mittwoch die engere Führungsspitze, am Donnerstag soll dort das Kandidatenteam vorgestellt werden, jene Gruppe bekannter oder weniger bekannter Menschen, die die Säle im Wahlkampf füllen soll. Von einem Schattenkabinett ist in der SPD ausdrücklich nicht die Rede. Denn das würde bedeuten, dass man ernsthaft mit einer absoluten Mehrheit rechnet.

Arbeitstitel "Deutschland-Plan"

Dem Steinmeier-Team sollen, wie es in Parteikreisen heißt, alle SPD-Minister der Bundesregierung angehören. Hinzu komme die Vize-Parteichefin Andrea Nahles. Sie ist eine Fachfrau für Arbeit und Soziales, doch diesen Bereich hat Minister Olaf Scholz gepachtet. In der SPD wird deshalb spekuliert, Nahles könnte sich im Wahlkampf vielleicht um kulturelle Dinge und die sogenannte Kreativwirtschaft kümmern.

Zwei Ministerinnen aus den Ländern haben, wie es heißt, gute Chancen, in das Team aufzurücken. Die eine sei die rheinland-pfälzische Kultusministerin Doris Ahnen, die einen guten Ruf genießt und sich des Schwerpunkts Bildung annehmen könnte. Die zweite sei die 35 Jahre alte Sozialministerin Mecklenburg-Vorpommerns, Manuela Schwesig, mit Zuständigkeit für die in Themen Frauen, Familie und Kinder.

Am Montag übernächster Woche steht Steinmeier dann wieder einmal allein auf größerer Bühne. In Berlin will er in einer Grundsatzrede darlegen, wie er Deutschland in den nächsten Jahren regieren würde. Grundlage für den Vortrag ist ein Konzept mit dem Arbeitstitel "Deutschland-Plan", in dem Steinmeier auflistet, was ihm selber für den Fall seiner Kanzlerschaft wichtig ist. Der Schwerpunkt liege auf Arbeit, Wirtschaft, Finanzen und Bildung, heißt es. Und tags darauf geht der Kandidat auf eine viertägige Sommerreise, quer durch ganz Deutschland.

© SZ vom 25.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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