Ukraine-Krise:SPD sagt Nein zu Waffenlieferungen

Ukraine-Krise: Das Willy-Brandt-Haus, die Parteizentrale der SPD

Das Willy-Brandt-Haus, die Parteizentrale der SPD

(Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Nach einer Beratung sind sich die Spitzen der Sozialdemokraten offenbar einig: Letale Waffen soll es für die Ukraine weiter nicht geben - auch keine aus DDR-Beständen.

Von Daniel Brössler, Berlin

Eigentlich sollte es nur eine interne Arbeitssitzung auf Einladung von Parteichef Lars Klingbeil werden, doch öffentlich ausgetragenen Dissonanzen über die richtige Linie der SPD in der Ukraine-Krise und Zwischenrufe von Altkanzler Gerhard Schröder hatten die Erwartungen hochgeschraubt.

Teilnehmer der Runde im Willy-Brandt-Haus versicherten am Montagabend dann, es sei friedlich zugegangen bei der Beratung - und Einigkeit habe es auch gegeben. So habe es keinerlei Widerspruch zum Nein der SPD zur Lieferung letaler Waffen an die Ukraine gegeben. Der frühere Außenminister und Ex-Parteichef Sigmar Gabriel hatte am Wochenende gefordert, ohne "Tabus und Denkverbote in der Öffentlichkeit und im Bundestag" über solche Lieferungen für den Fall eines russischen Angriffs auf die Ukraine zu diskutieren. Einigkeit herrschte in der SPD-Sitzung nach SZ-Informationen auch darin, die Weitergabe von Haubitzen aus DDR-Beständen aus Estland an die Ukraine abzulehnen.

Klingbeil trat nach der Sitzung dem Vorwurf einer uneindeutigen Positionierung seiner Partei im Ukraine-Konflikt entgegen. "Das, was wir sagen, gilt für die gesamte SPD. Wir sehen, dass die Eskalation von Russland ausgeht. Wir sind da deutlich: Alle Optionen liegen auf dem Tisch, sollte Russland die territoriale Integrität der Ukraine angreifen", betonte Klingbeil in der ARD mit Blick auf mögliche Sanktionen. In der Partei waren zuvor Forderungen nach einer stärkeren Betonung der Entspannungspolitik einerseits und der Wunsch nach deutlicheren Signalen in Richtung Moskau andererseits laut geworden. Hinzu kam der Vorwurf des "Säbelrasselns" des früheren Bundeskanzlers Schröder an die Ukraine.

"Äußern können sich viele, aber entscheiden tun wir als aktuelle SPD-Führung gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz", hatte Klingbeil bereits am Morgen gesagt, direkte Kritik an Schröder aber vermieden. Im Vordergrund stünden nun diplomatische Bemühungen. "Es geht um die Frage, wie wir Krieg abwenden können mitten in Europa", sagte Klingbeil. Er wolle "nicht, dass wir jetzt durch Drohungen, durch Taten, in eine Situation hineingeraten, in der dann vielleicht ungewollt eine Kriegssituation mitten in Europa entsteht". Die Bundesregierung agiere vollkommen geschlossen. Auch für Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gebe es seitens der SPD-Führung "volle Rückendeckung".

"Das ist Gerhard Schröders Privatmeinung"

Der einstige Parteivorsitzende Schröder solle "seine historischen Verdienste nicht in den Hintergrund treten lassen", appellierte der SPD-Bundestagsabgeordnete und Russland-Berichterstatter im Europarat, Axel Schäfer. Zum von Schröder erhobenen Vorwurf des ukrainischen Säbelrasselns sagte Schäfer der Süddeutschen Zeitung: "Das ist Gerhard Schröders Privatmeinung, die in der SPD wahrscheinlich niemand teilt." In der SPD wurde betont, dass die von Klingbeil einberufene Sitzung zur Russland-Politik schon länger geplant gewesen sei und in keinem Zusammenhang zu aktuellen Wortmeldungen stehe.

In der Partei wird schon seit mehreren Jahren kontrovers über den Umgang mit dem Gebaren Russlands diskutiert. Die Einstufung der russischen Politik durch den damaligen Außenminister Heiko Maas (SPD) als "zunehmend feindselig" war 2018 auf Vorbehalte etwa bei der Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, gestoßen. Neben Außenpolitikern aus der Bundestagsfraktion wurden auch Schwesig und die SPD-Ministerpräsidenten aus Brandenburg und Niedersachsen, Dietmar Woidke und Stephan Weil, von Klingbeil zu dem Gespräch über die Russland-Politik geladen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nahm nicht teil.

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