Im Rennen um den künftigen SPD-Vorsitz wollen sich die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission, Gesine Schwan, und Parteivize Ralf Stegner als Duo bewerben. Das verlautete am Mittwoch aus Parteikreisen in Berlin. Zuerst hatte Spiegel Online darüber berichtet.
Nach Spiegel-Informationen haben Stegner, 59, und Schwan, 76, ihre Kandidatur gegenüber den drei kommissarischen Vorsitzenden Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel angekündigt. Am Freitagmittag wollen sie sich in Berlin öffentlich erklären, wie es aus Parteikreisen weiter hieß.
Mehrere Nachfolger-Duos und zwei Einzelkämpfer
Stegner ist bereits stellvertretender Parteichef. Der als links geltende Sozialdemokrat war in Schleswig-Holstein erst Finanz- und dann Innenminister. Schwan kommt aus dem Wissenschaftsbetrieb und war unter anderem Präsidentin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Sie hat sich 2004 und 2009 als Bundespräsidentin beworben, beide Male scheiterte sie im ersten Wahlgang gegen Horst Köhler.
SPD-Vorsitz:Diese Kandidaten sind im Rennen
Im Kampf um den SPD-Parteivorsitz brauchen die Bewerber den Rückhalt von mindestens einem Landesverband oder von fünf Kreisverbänden. Diese Duos haben die Voraussetzung schon erfüllt.
Parteichefin Andrea Nahles war nach dem Absturz der SPD bei der Europawahl zurückgetreten. Kandidaten für ihre Nachfolge haben bis zum 1. September Zeit, ihren Hut in den Ring zu werfen. Kommissarisch leiten Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, und Thorsten Schäfer-Gümbel, SPD-Landesvorsitzender in Hessen, die Partei.
Inzwischen haben sich mehrere Nachfolger-Duos und zwei Einzelkämpfer beworben. Für die offizielle Kandidatur brauchen Bewerber die Nominierung durch einen Landesverband, einen Bezirk oder fünf Unterbezirke. Diese formalen Kriterien erfüllt bislang nur das Duo Christina Kampmann, NRW-Landtagsabgeordnete, und Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt.
Daneben wollen die Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach und Nina Scheer antreten, ebenso wie die Oberbürgermeister von Flensburg und Bautzen, Simone Lange und Alexander Ahrens. Den Zweier-Teams gemeinsam ist, dass sie mehr oder weniger schnell aus der großen Koalition austreten wollen oder ihr zumindest kritisch gegenüberstehen. Zudem kündigte der Vizepräsident des SPD-Wirtschaftsforums, Robert Maier, seine Kandidatur an. Auch der frühere Bundestagsabgeordnete Hans Wallow hat mitgeteilt, dass er sich bewerben wolle.
Die SPD ist in einer tiefen Krise und erreicht in Umfragen derzeit nur 12 bis 14,5 Prozent. Seit Tagen wird gerätselt, ob sich noch SPD-Schwergewichte aus den Reihen der Minister oder Ministerpräsidenten um den Vorsitz bewerben. Unter der Hand heißt es aus diesen Kreisen, so ein Schritt werde erwartet.
Mehrere Spitzenpolitiker wie Finanzminister Olaf Scholz, die drei kommissarischen Vorsitzenden oder Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hatten deutlich gemacht, dass sie den Vorsitz nicht anstreben. Weil hatte dies zuletzt mit den Worten bekräftigt: "Das steht nicht an, ich erwarte das nicht. Ich gehe davon aus, dass ich nicht kandidieren werde." Als Anwärterin wird etwa Familienministerin Franziska Giffey gehandelt, deren Dissertation derzeit aber überprüft wird und die somit um ihren Doktortitel bangen muss.
Die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan, 76, hatte bereits vor Wochen ihre Bereitschaft zu einer Kandidatur erklärt. "Allen, die mir vorwerfen, ich sei naiv, sage ich: Und wie weit habt ihr es gebracht mit eurer vermeintlichen Professionalität?", sagte die Professorin Anfang August dem Spiegel. "Man sieht nicht mehr, wofür die SPD brennt", sagte Schwan zur Motivation ihrer Kandidatur. Nötig sei jemand, der Politik handfest etwa in Berlin-Wedding verkaufen könne.
Der Parteilinke Stegner, 59, ist für seine pointierten, polarisierenden Äußerungen in der Öffentlichkeit bekannt. Im Juni war Stegner als SPD-Fraktionschef im Landtag von Schleswig-Holstein bestätigt worden. Ende März hatte er nach zwölf Jahren den SPD-Landesvorsitz aufgegeben. Seit 2003 steht der Harvard-Absolvent in der ersten Reihe der Landespolitik, auch als Finanz- und Innenminister.
Die Bewerbungsfrist bei der SPD läuft noch bis 1. September. An diesem Tag muss die SPD zugleich herbe Verluste bei den Wahlen in Brandenburg und Sachsen befürchten. Die neue SPD-Spitze soll dann in einer Mitgliederbefragung faktisch bestimmt und auf einem Parteitag Anfang Dezember gewählt werden.