SPD vor Parteitag:Ruhig bleiben, Genossen!

SPD-Bundesparteitag - Vorbereitungen

Vorbereitungen zum SPD-Bundesparteitag: Eine Grundsatzdebatte benötigt die Partei zurzeit nicht.

(Foto: dpa)

Wie kommt die SPD wieder über die 30-Prozent-Marke? Darüber wollen einige Genossen auf dem Parteitag eine Grundsatzdebatte führen. Dabei würde es reichen, wenn die Sozialdemokraten einfach vier Jahre ordentlich regieren. Ihr größtes Problem wird sich irgendwann ohnehin von selbst lösen.

Ein Kommentar von Christoph Hickmann, Berlin

Mit den Koalitionsverhandlungen ist die SPD derzeit gut ausgelastet, trotzdem tun sich pünktlich zum Parteitag zwei neue Betätigungsfelder auf. Erstens wird darüber debattiert, dass die Sozialdemokraten Bündnisse mit der Linken künftig vor Wahlen nicht mehr ausschließen wollen. Zweitens wird intern geraunt, man dürfe keinesfalls vergessen, das Wahlergebnis noch mal gründlich aufzuarbeiten (wobei Aufarbeitung bei der SPD meist so aussieht, dass erst Streit ausbricht, zu dessen Schlichtung dann eine Arbeitsgruppe gegründet wird, deren Ergebnisse noch größeren Streit auslösen).

Zur sogenannten Linksöffnung ist zu sagen, dass sie die Aufregung darum nicht wert ist. Die inhaltlichen Hürden, die man bei der SPD vor ein Linksbündnis setzt, bleiben so hoch wie bisher auch schon: solide Finanzpolitik, außen- wie europapolitische Verlässlichkeit. Außerdem, was lag denn näher, als der Basis, die am Ende über die ungeliebte große Koalition entscheidet, im Gegenzug ein rotes Bonbon hinzuhalten: In vier Jahren, da geht dann aber vielleicht was mit den ganz Linken. Und schließlich hätte die SPD sich lächerlich gemacht, wenn sie auch künftig nur von Rot-Grün geredet hätte - einem Wahlziel, das sie nun dreimal hintereinander verfehlt hat. Das haben auch die Grünen begriffen, die künftig weder Rot-Rot-Grün noch Schwarz-Grün ausschließen wollen.

Größtes Problem für die SPD: Angela Merkel

Und das Wahlergebnis? Das war sehr schlecht, und man darf ja durchaus fragen: Warum eigentlich? Schließlich war das Programm so links und gewerkschaftsfreundlich wie lange nicht, schließlich hatte die SPD auch ihre Haltung zur Agenda 2010 korrigiert und damit viel getan, um das mythische Wesen namens "enttäuschter früherer Stammwähler" zurückzugewinnen.

All das brachte nichts, und deshalb laufen sich nun diejenigen warm, die gern eine Grundsatzdebatte darüber führen möchten, wie man die SPD wieder über die Marke von 30 Prozent hieven könnte: Wie weit links sollen wir stehen? Wo ist die Mitte? Und überhaupt: Wer sind wir eigentlich? Die Debatte wäre aber, zumindest in dieser Grundsätzlichkeit, überflüssig, weil die SPD sie in den vergangenen vier Jahren schon geführt hat, teils auf hohem Niveau. Und sie wird dafür auch noch belohnt werden, wenn der eigentliche, triviale Grund für ihre Wahlklatsche wegfällt.

Der heißt Angela Merkel. Gegen die Beliebtheit der Kanzlerin, die jenseits politischer Kategorien liegt, hätte kein sozialdemokratischer Kandidat eine Chance gehabt - und zwar auch dann nicht, wenn die wirtschaftlichen Rahmendaten etwas schlechter gewesen wären. Vom Tag ihrer Wiederwahl an aber werden die Fragen lauten: Hört sie auf? Und wenn ja, wann? Tritt sie noch mal an? Wenn nicht, wer dann?

Die SPD weiß also, dass sich ihr größtes Problem irgendwann erledigen wird - und darf sich auf den Nebeneffekt freuen, dass die Union sich mit diesen Fragen wird beschäftigen müssen. Sie braucht kein neues Programm und keine Grundsatzdebatte, sie muss jetzt vier Jahre ordentlich regieren. Und ansonsten ruhig bleiben.

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