Süddeutsche Zeitung

SPD und Union:Stegner weist Laschets Vorstoß zu Familiennachzug als "PR-Geklingel" zurück

  • Laschet hatte für einen "behutsamen Ausgleich" zwischen der Begrenzung von Zuwanderung und humanitär begründeten Einzelfällen plädiert.
  • Stegner bezeichnete dies als "Sprachgirlanden" und mahnte eine unmissverständliche Achtung von Asylrecht und Genfer Flüchtlingskonvention an.
  • Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem, also eingeschränktem Schutzstatus, ist bisher für zwei Jahre ausgesetzt. Die Union will die im März auslaufende Aussetzung verlängern, die SPD nicht.

Von Nico Fried, Berlin

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner hat den Kompromissvorschlag von CDU-Vize Armin Laschet zum Familiennachzug als unzureichend zurückgewiesen. Laschets Vorstoß sei "eher PR-Geklingel als Annäherung, weil er den meisten Familien nichts hilft", sagte Stegner der Süddeutschen Zeitung. "Das hat mit der Realität wenig zu tun", so der SPD-Politiker weiter.

Laschet hatte am Dienstag gegenüber der ARD auf ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts verwiesen, das die Bundesregierung verpflichtet hatte, einem 16-jährigen minderjährigen Flüchtling mit sogenanntem subsidiärem Schutz den Familiennachzug zu ermöglichen. Laschet plädierte für einen "behutsamen Ausgleich" zwischen der Begrenzung von Zuwanderung und den Möglichkeiten der Integration einerseits und den Einzelfällen und den humanitären Fällen andererseits. Dies sei "eine gute Formel, die eine Lösung bringen könnte", sagte Laschet.

Stegner bezeichnete es hingegen als "Richtschnur sozialdemokratischer Politik, unseren humanitären Verpflichtungen nachzukommen, ohne bestimmte Gruppen gegeneinander auszuspielen". Dafür brauche es Investitionen in den Arbeitsmarkt, Bildungsinfrastruktur, bezahlbaren Wohnraum und eine Entlastung der Kommunen, "auch um eine gelingende Integration zu ermöglichen". Stegner warnte die Union mit Blick auf die anstehenden Gespräche mit der SPD: "In den Sondierungen helfen der Union keine Sprachgirlanden, sondern nur die Bereitschaft zur unmissverständlichen Achtung von Asylrecht und Genfer Flüchtlingskonvention und zu massiven Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes."

Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem, also eingeschränktem Schutzstatus, ist bisher für zwei Jahre ausgesetzt. Die Union will die im März auslaufende Aussetzung verlängern, die SPD bislang nicht. Der evangelische Bischof Markus Dröge begrüßte die Äußerungen Laschets als Zeichen der Verständigungsbereitschaft und bekräftigte gegenüber der ARD die kirchliche Forderung nach Familiennachzug bei subsidiär geschützten Flüchtlingen. "Es ist ein kleiner begrenzter Kreis, und da müsste die Möglichkeit gegeben sein, sich zu einigen, den Familiennachzug zu ermöglichen", sagte der Berliner Bischof.

In dem Fall vor dem Berliner Verwaltungsgericht ging es um einen 16-Jährigen, der im Sommer 2015 mit einem älteren Cousin nach Deutschland gekommen war. Mit Verweis auf Anzeichen einer schweren Traumatisierung hatte sein Vormund mehr als zwei Jahre lang versucht, eine Härtefallentscheidung zu erwirken, die aber vom Auswärtigen Amt immer wieder abgewiesen wurde. Die Richter erkannten darin einen Verstoß gegen das Kindeswohl, das durch Grundgesetz, Europäische Menschenrechtskonvention und UN-Flüchtlingskonvention besonders geschützt sei. Das Auswärtige Amt hatte eine ursprünglich eingelegte Berufung gegen das Urteil zurückgezogen, wodurch der Richterspruch rechtskräftig geworden war.

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