SPD und Linke:"Die Linken sind gescheitert"

Rot-Rot wäre sofort möglich - wenn es nach Juso-Chefin Franziska Drohsel und Linken-Vize Katja Kipping ginge. Ein Gespäch über die Ohnmacht der Linken im Kampf gegen den Neoliberalismus und Chancen für künftige Bündnisse.

Thorsten Denkler

Juso-Chefin Franziska Drohsel, 29, und Katja Kipping, 31, stellvertretende Parteivorsitzende der Linken, kennen und schätzen sich. Sie haben schon zusammen dafür gekämpft, Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger auszusetzen. Sie wären sofort bereit, es mit Rot-Rot zu probieren. Obwohl sie jetzt gerade nicht diejenigen seien, die Koalitionsverhandlungen zu führen hätten, scherzt Katja Kipping.

sueddeutsche.de: Frau Drohsel, Frau Kipping, die Linke und die SPD sind sich inhaltlich so ähnlich wie kaum eine andere Partei. Dennoch scheint es außerordentlich schwierig, die beiden Formationen in Koalitionen zu bekommen. Woran liegt das?

Katja Kipping: Vielleicht, weil sie sich so ähnlich dann doch nicht sind. Wir erfüllen als Linke eine andere programmatische Aufgabe. Wir denken über Gesellschaftsformen jenseits des Kapitalismus nach, über einen demokratischen Sozialismus - und entwickeln diese Idee programmatisch weiter. Die SPD deckt das Feld nicht mehr ab.

sueddeutsche.de: Ist die Linke also das sozialistische Korrektiv der SPD, Frau Drohsel?

Franziska Drohsel: Die Linke ist ja stark geworden in ihrem Protest gegen die Politik der SPD, gegen die Agenda 2010. Das ist für viele Sozialdemokraten nicht ganz einfach. Sie haben den Eindruck, dass sich die Politik der Linken unmittelbar gegen sie und ihre Politik richtet. Das macht die Zusammenarbeit nicht leicht, darf aber meiner Meinung nach nicht dazu führen, dass man nicht miteinander reden darf.

sueddeutsche.de: Sie heben die Inhalte so hervor. In Thüringen und im Saarland waren es persönliche Animositäten, die die Chance auf eine Linkskoalition haben platzen lassen. Und über allen steht Oskar Lafontaine, der große Polarisierer.

Kipping: Lafontaine ist doch nicht die Ursache!

sueddeutsche.de: Der Noch-SPD-Chef Franz Müntefering sieht das so. Er sagt: "Lafontaine hat die linke Mitte in Deutschland beschädigt, aus niederen persönlichen Motiven."

Drohsel: In den Diskussionen, die ich mitbekomme, spielt er keine so große Rolle. Wir kritisieren manche Positionen, die er hat. Wenn er etwa von Fremdarbeitern spricht, geht das gar nicht. Aber Oskar Lafontaine ist als Person wirklich nicht mehr das große Hindernis.

Kipping: Das sehe ich genauso. Ich habe nun wirklich keine Berührungsängste. Aber im Sozialausschuss des Bundestages habe ich immer wieder erlebt, wie SPD-Leute eine ungerechte Sozialpolitik gemacht haben. Und zwar nicht nur dann, wenn sie Getriebene der CDU waren. Ich erinnere nur an die Rente mit 67. Kurz gesagt: Selbst wenn mir alle Kolleginnen und Kollegen der SPD im Sozialausschuss menschlich total sympathisch wären, haben sie konkrete Gesetze beschlossen, die aus meiner Sicht komplett in die falsche Richtung gehen.

sueddeutsche.de: Bleiben wir bei der Rente mit 67. Die Gewerkschaften wettern dagegen, weite Teile der SPD-Mitgliedschaft sind bis heute deswegen verärgert. Wie konnte es passieren, dass so ein Beschluss in der SPD mehrheitsfähig wird, Frau Drohsel?

Drohsel: Wir sind als SPD einer geglaubten und angenommenen gesamtgesellschaftlichen Strömung aufgesessen. Der Neoliberalismus hatte in den vergangenen Jahren Konjunktur. Wissenschaftler und Journalisten bliesen ins gleiche neoliberale Horn. Selbst in Diskussionen an Schulen bekam ich zu hören, wir müssten mehr für die Unternehmen tun, weil die sonst abwandern würden.

sueddeutsche.de: Und dagegen konnte sich die SPD nicht wehren?

Drohsel: Eine große Volkspartei wie die SPD lässt sich nicht einfach von solchen Strömungen abkoppeln.

sueddeutsche.de: Wenn sie einer großen Strömung gefolgt ist, hätte sie ja eigentlich Stimmen hinzugewinnen müssen. Das Gegenteil ist der Fall.

Drohsel: Wir haben als Jusos früh vor genau dieser Entwicklung gewarnt. Die Linken in der SPD sind daran gescheitert, diese Politik zu stoppen. Die SPD ist den neoliberalen Heilsversprechen auf den Leim gegangen. Im Ergebnis hat diese Politik das Vertrauen der Menschen in die SPD zerstört.

Traditionen und Hegemonien

sueddeutsche.de: Ist Altkanzler Gerhard Schröder schuld?

Drohsel: Die Schuld kann nicht Einzelnen zugeschoben werden. Die SPD hätte sich offensiv gegen den neoliberalen Mainstream stellen müssen. Diese Position hat in der SPD keine Mehrheiten gefunden.

sueddeutsche.de: Wie sehen Sie das, Frau Kipping?

Kipping: Ich würde die einzelnen Personen nicht so schnell aus der Verantwortung nehmen. In dem Moment, in dem führende SPD-Politiker die neoliberalen Denkmuster übernommen haben, haben sie deren Verbreitung gefördert. Aufgabe von Politik ist es jedoch nicht, herrschenden Meinungen beziehungsweise Hegemonien hinterherzulaufen, sondern im Gegenteil diese - und da lohnt es bei Chantal Mouffe und Antonio Gramsci nachzulesen - immer kritisch zu hinterfragen.

Ich gebe Franziska aber recht, dass es diese Hegemonie gab und setze hinzu: Dass sich die neoliberale Weltsicht so durchsetzen konnte, ist ja großflächig vorbereitet worden. Ein Beispiel ist die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die seit 2000 massiv für eine Politik geworben hat, wie sie sich später in der Agenda 2010 manifestiert hat. Die Initiative hat Ideologien wie "Sozial ist, was Arbeit schafft" oder "Jede Arbeit ist besser als keine Arbeit" erst gesellschaftsfähig gemacht. Da haben die neoliberalen Think-Tanks ganze Arbeit geleistet.

sueddeutsche.de: Die SPD vor 1998 war geprägt von der Sozialpolitik eines Rudolf Dressler. Kaum war Schröder Kanzler, galt das alles nicht mehr.

Kipping: Man fragt sich ja, wie das gehen konnte, dass die neoliberale Politik in einer traditionsreichen Partei wie der SPD so schnell so einen Durchmarsch erleben konnte. Ich glaube, es liegt daran, dass Schröder die komplette Abkehr von sozialdemokratischen Zielen allein über die Bundestagsfraktion durchgedrückt hat. Das sollte für alle Parteien eine Lehre sein. Meine nehme ich da nicht aus. Die politische Richtlinienkompetenz sollte immer bei der Partei und nicht bei der Fraktion liegen.

sueddeutsche.de: Deutschland hatte vor der Agenda 2010 mit massiven Problemen zu kämpfen. Wirtschaftsflaute, steigende Sozialausgaben, hohe Arbeitslosigkeit. Hätte Schröder nicht als handlungsunfähig dagestanden, wenn er erst auf die Partei hätte warten müssen?

Drohsel: Man kann Impulse geben von oben, aber man muss eine Partei auch mitnehmen. Es sind die Parteimitglieder an der Basis, die vor Ort für diese Politik geradestehen müssen Und wenn die das nicht können, dann funktioniert es nicht mehr.

sueddeutsche.de: Waren die Inhalte richtig, wurden nur nicht richtig erklärt?

Drohsel: Natürlich nicht! Ich wehre mich dagegen, dass all diese Maßnahmen und angeblichen Reformen notwendig gewesen sein sollen. Es wurde ja eine Stimmung geschürt damals, als würden wir kurz vor dem staatlichen Kollaps stehen.

Und dann kam dazu diese schlimme Behauptung, das Hauptproblem der Massenarbeitslosigkeit seien die Arbeitslosen selbst. Die wollen in Wirklichkeit gar nicht arbeiten, die brauchen nur einen Tritt, ordentlich Druck und Repressionen, und dann gehen die schon arbeiten. Wir müssen uns als SPD vorwerfen lassen, dass wir als SPD nicht gegen diese Ideologie aufgestanden sind, sondern sie mitgetragen haben und mit den Hartz-Reformen auch in Gesetzesform gegossen haben.

Schröders Schuld

sueddeutsche.de: Welchen Anteil hat Schröder daran?

Drohsel: Die Partei wurde erpresst. Es schwebte doch immer im Raum: Wenn die Partei nicht mitmacht, gäbe es Schröder als Kanzler und die SPD-Regierung nicht mehr. Das ist schon ein hartes Instrument. Es ist ein Instrument, das eine Partei komplett zerreißen kann. Mit den Folgen dieser Basta-Politik kämpfen wir heute noch. Wir haben seit 1998 die Hälfte unserer Wähler verloren, weil das Vertrauen in die soziale Kompetenz der SPD verlorengegangen ist.

sueddeutsche.de: Und jetzt jagen sich Linke und SPD gegenseitig die Stimmen ab mit dem Ergebnis, dass es im Bund satt für Schwarz-Gelb reicht.

Kipping: Das ist nicht ganz richtig. Die Landtagswahl in Thüringen hat gezeigt, dass SPD und Linke jeweils Stimmen hinzugewinnen können, wenn mit ihnen die Chance auf einen reellen Politikwechsel links von der CDU verbunden wird. Wenn die SPD unabhängig von der CDU Regierungsoptionen möchte, ist sie auf eine Zusammenarbeit mit der Linken angewiesen.

sueddeutsche.de: In der Linken scheinen viele gar nicht begeistert davon zu sein, irgendwo mitzuregieren. Sie müssten von Radikalforderungen Abschied nehmen, so wie es die Linke in Berlin längst gemacht hat. Das wäre doch ganz gut für die SPD, oder?

Drohsel: Berlin hat gezeigt, dass sich die Linke in Regierungsverantwortung schnell entzaubern lässt. Es ist ein Unterschied, ob man nur maximale Forderungen aufstellt oder auch versucht, diese mit den gegebenen demokratischen Mehrheiten umzusetzen. Auch wenn es einem manchmal nicht gefällt, sind da auch Kompromisse nötig.

Kipping: Ich finde es schon ein Phänomen, wie der Begriff der angeblichen Entzauberung der Linken immer wieder auftaucht. Natürlich kann die Linke in Berlin nicht alle ihre Ziele durchsetzen. Das Land ist wegen der Vorgängerregierung in einer desaströsen Finanzlage, zweitens stimmt die SPD als Koalitionspartner vielen unserer Ziele nicht zu und drittens kann man auf Landesebene nur bedingt Mehreinnahmen schaffen, weil die Steuerkompetenz beim Bund liegt.

sueddeutsche.de: Sie betrachten also die politischen Realitäten und handeln entsprechend. Was ist das anderes als Entzauberung?

Kipping: Ich sage ja nicht, dass man in der Regierung alles durchsetzen kann. Ich sehe nur nicht ein, warum deshalb unsere Ziele falsch sein sollen. Die Idee der Gemeinschaftsschule, des längeren gemeinsamen Lernens ist doch nicht deshalb falsch, weil die SPD im Berliner Senat sich bisher einer Einführung verweigert.

Drohsel: Da gebe ich dir recht. Es ist doch für uns Linke immer schwierig, für eine neue Gesellschaftsordnung zu kämpfen und gleichzeitig die realen Bedingungen verändern zu wollen. Das führt immer zu viel mehr Widersprüchen als bei Konservativen oder Liberalen. Wir werden nun mal keine Wirtschaftsordnung jenseits des Kapitalismus schaffen solange das eine Mehrheit in der Bevölkerung nicht will.

Kipping: Darum muss man sich überlegen, in welcher Konstellation kann ich am meisten von dem umsetzen, was mir wichtig ist. Kann ich nicht sogar mehr aus der Opposition heraus verändern? Das muss jeweils konkret entschieden werden, nicht abstrakt oder dogmatisch.

sueddeutsche.de: Nehmen wir mal einen konkreten Punkt heraus, an dem sich Realpolitik der SPD und Wunschtraum der Linken gegenüberstehen, die Afghanistanpolitik. Die Linke fordert einen sofortigen Rückzug, sonst gäbe es keine Zusammenarbeit. Bodo Ramelow, ihr Spitzenmann in Thüringen hat gesagt, sofortiger Abzug der Truppen könne nicht Abzug an einem Wochenende bedeuten. Statt dies als kleines Zeichen der Annäherung stehen zu lassen wurde er von Lafontaine sofort zurückgepfiffen. Warum?

Kipping: Weil wir im politischen Raum auf die Vermittlung unserer Positionen durch die Medien angewiesen sind. Das hat eine Vereinfachung zur Folge. Ramelow ist ja so verstanden worden, als trete er für die Aufweichung einer Position ein, was nicht stimmt. Wir brauchen klare Positionen, damit wir andere Parteien damit unter Druck setzen können.

Krieg und Loyalitäten

sueddeutsche.de: Druck, der sich vor allem gegen die SPD richtet. Wäre nicht jetzt verbale Abrüstung angebracht?

Drohsel: Ich war auch gegen den Einsatz. Aber mein Ziel heute ist nicht Truppen raus aus Afghanistan, sondern Frieden für Afghanistan. Viele Organisationen in Afghanistan schätzen es so ein, dass es umgehend zu einem Bürgerkrieg kommen würde, würde die Bundeswehr sofort das Land verlassen. Darum kann ich die Position der Linken an dieser Stelle nicht nachvollziehen.

Kipping: Es war falsch, einzumarschieren. Und es wird nicht leicht, einen geordneten Rückzug zu organisieren. Aber der Einsatz bewirkt derzeit das Gegenteil von dem, was du als Ziel richtig beschreibst, nämlich Frieden in Afghanistan. Selbst wenn wir noch 100 Jahre die Truppen dort belassen, werden wir am Ende nicht sagen können: Nun ist Frieden und Demokratie hergestellt.

sueddeutsche.de: Sie beide glauben offenbar an eine linke Mehrheit in Deutschland, wollen sie auch eines Tages als Regierung umsetzen. Dann müssen sie doch Positionen einnehmen, die ein Aufeinanderzugehen überhaupt möglich machen.

Kipping: Wir sind jetzt nicht in der Situation, dass wir beide hier Koalitionsverhandlungen führen.

sueddeutsche.de: Aber sie können es ja mal versuchen.

Kipping: (lacht) Das würden wir sicher nicht öffentlich machen.

sueddeutsche.de: Gut. Was müsste passieren, dass es überhaupt so weit kommt?

Kipping: Es müsste eine gesellschaftliche Grundstimmung geben, dass es SPD und Linke miteinander versuchen müssten. Wir bräuchten eine Art gemeinsames gesellschaftliches Projekt, an dem vielen Menschen teilhaben wollen. In der Sozialpolitik gehört für mich das Prinzip der Sanktionsfreiheit, die Überzeugung, dass alle das Grundrecht auf Existenzsicherung haben, zu solch einem strategischen Projekt, dazu.

sueddeutsche.de: 1998 war es die von Schröder ausgerufene "Neue Mitte", in der sich Sozialdemokraten und Grüne gleichermaßen wiederfinden konnten. Was muss geschehen, damit Linke und SPD sich auf den gemeinsamen Weg machen können, 2013 Schwarz-Gelb abzulösen?

Drohsel: Wir müssen erstmal mehr miteinander reden. Die progressiven Kräfte aus der Linken und der SPD - und nicht zu vergessen der Grünen - müssen sich zusammensetzen. Wir müssen uns wieder stärker mit den gesellschaftlichen Gruppen austauschen, die Probleme benennen und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Also mit den Gewerkschaften, mit Arbeitslosenbewegungen und zum Beispiel auch Prostituiertenverbänden. Im Mittelpunkt muss bei allem stehen, dass jeder in diesem Land Anspruch auf ein menschenwürdiges Leben hat, egal ob er zum Beispiel arbeitsbereit ist.

Die Rolle der Sympathie

sueddeutsche.de: Sind an den Spitzen von SPD und Linken jene progressiven Kräfte, die es für den Annäherungsprozess bräuchte?

Kipping: (lacht) Wir stehen beide sicher voller Loyalität zu unseren Parteiführungen.

sueddeutsche.de: Sie müssen ja keine Namen nennen.

Kipping: Sicherlich ist Sympathie hilfreich für eine parteiübergreifende Zusammenarbeit. Das haben wir beide im Bündnis für ein Sanktionsmoratorium erlebt. Aber eine Zusammenarbeit darf nicht an einem Mangel an Sympathie scheitern, wenn sie strategisch gewollt ist. So viel Professionalität sollte jeder in der Politik aufbringen.

sueddeutsche.de: Gehört dazu, auf Posten zu verzichten, wie Bodo Ramelow in Thüringen und Kertin Kaiser in Brandenburg?

Kipping: In Brandenburg und Thüringen haben wir deutlich gemacht, dass es uns nicht um Prinzipienreiterei und um Posten geht, auch wenn diese uns jeweils zugestanden hätten. Doch wenn es um unsere inhaltlichen Positionen geht, sind wir konsequent und auch Prinzipienreiter.

sueddeutsche.de: In Brandenburg hat die Linke ihr Nein zur Braunkohle einer Regierungsbeteiligung geopfert. Meinen Sie das?

Kipping: Ich komme aus einer grünen Ecke. Mit mir hätte es die SPD da sicher etwas schwerer gehabt.

sueddeutsche.de: Was muss die SPD liefern?

Kipping: Mein Parteivorsitzender spricht ja immer von der Re-Sozialdemokratisierung der SPD...

sueddeutsche.de: ...nett ist das nicht.

Kipping: Ich würde es auch anders sagen. Wenn die SPD näher an den Positionen wäre, die die Jusos vertreten, dann wäre einiges schneller möglich. Aber es bringt doch niemandem etwas, wenn wir eine rechnerische Mehrheit nutzen, es aber in zentralen Politikfeldern doch nicht zusammenpasst.

sueddeutsche.de: Ein Wunschtraum. Die Jusos gelten in der SPD als linke Randerscheinung.

Drohsel: Ich will aber gerne darauf hinweisen, dass unsere Positionen seit der Krise in der SPD wieder diskursfähig und teilweise mehrheitsfähig geworden sind. Es ist inzwischen völlig klar: Es muss eine klare Abgrenzung zur Regierungspolitik der vergangenen elf Jahre geben. Daran werde ich die neue Parteiführung und den Parteitag im November messen. Wir brauchen erkennbare Selbstkritik an der Rente mit 67 und an Hartz IV - sowie den erklärten Willen zu Korrekturen.

Kipping: Die Jusos als Avantgarde der SPD.

Drohsel: Es ist zumindest mal etwas in Bewegung bei uns.

sueddeutsche.de: Ihr neuer Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagt, er sei nicht bereit, elf Jahre Regierungsbeteiligung zu verteufeln.

Drohsel: Das habe ich auch nicht gemeint. Unter Rot-Grün haben wir großartige Sachen umgesetzt. Ich denke nur an den Atomausstieg und die Homo-Ehe. Aber wir müssen doch endlich den Mut haben zu sagen: Wenn die Schere zwischen Arm und Reich auseinander gegangen ist, obwohl wir elf Jahre regiert haben, dann kann nicht alles richtig gewesen sein.

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