Süddeutsche Zeitung

SPD-Troika Steinbrück, Gabriel und Steinmeier:Alle für einen und jeder für sich

So beliebt ist Angela Merkel, dass die SPD gleich mit drei Mann gegen die Kanzlerin Wahlkampf führen will: Steinbrück, Gabriel und Steinmeier bilden die Troika der Genossen. Aber Kanzler werden kann nur einer allein. Wer hat das Zeug zum Wahlsieger? Was sind die Stärken und Schwächen der drei Kandidaten?

Thorsten Denkler, Berlin

Es ist der dritte Versuch der SPD, mit einer Troika politischen Erfolg zu haben. 1976 gelang das noch ganz passabel mit dem Dreiergespann Willy Brandt als Parteichef, Herbert Wehner als Fraktionsvorsitzendem und Helmut Schmidt als Bundeskanzler. Nach unzähligen gescheiterten Kandidaten, die sich an Helmut Kohl abmühten, versuchten es im Bundestagswahlkampf 1994 Gerhard Schröder, Oskar Lafontaine und Rudolf Scharping als Troika. Mit Scharping als Vormann. Das Trio scheiterte grandios, auch weil sich die drei Genossen von Anfang an nicht gewogen waren.

Jetzt soll offensichtlich wieder eine Troika antreten und den Wahlsieg 2013 einfahren. So zerstritten wie das Gespann von 1994 sind SPD-Chef Sigmar Gabriel, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück zwar nicht. Doch wie damals ist es die blanke Not, die die drei zusammenhält. Denn egal, was für ein Unheil sich über der CDU, der Koalition, dem Schloss Bellevue zusammenbraut: Bundeskanzlerin Angela Merkel steht auf der Brücke und die Menschen finden es gut. Keiner der drei SPD-Vorderen ist derzeit alleine stark genug, der amtierenden Kanzlerin das Wasser zu reichen. Was die drei Kandidaten können und nicht können:

Sigmar Gabriel, Parteivorsitzender

[] Was er kann: Gabriel hat geschafft, woran seine vielen Vorgänger zuletzt gescheitert sind. Er hat die Partei nach der existentiellen Wahlniederlage von 2009 mit schlappen 23 Prozent wieder aufgepäppelt, ihr Selbstvertrauen gegeben, alte Gräben zwischen Linken, Rechten und Gemäßigten zugeschüttet und der Partei neue Strukturen gegeben. Die SPD heute ist moderner, basisnäher und aufgeschlossener als zuvor. Weg von der Basta-Politik des Gerhard Schröder, hin zur Mitbestimmungspartei. Gabriel, ein begnadeter Redner, ist ein glaubwürdiger Vertreter dieser neuen Richtung. Ohne ihn wäre die SPD heute nicht in Umfragen bei 30 Prozent und mehr.

[] Was er nicht kann: Gabriel ist ein Stimmungspolitiker, einer, der aus dem Bauch heraus auch mal unausgegorene Vorschläge herausposaunt. Das lässt ihn in den Augen vieler als Hallodri erscheinen, der nicht weiß, wo genau er hinwill. Seriös und verlässlich wirkt das nicht. Und so erscheint er in den Beliebtheitsrankings deutscher Spitzenpolitiker bestenfalls im Mittelfeld.

Frank-Walter Steinmeier, Fraktionsvorsitzender

[] Was er kann: Es hätte ihm kaum einer zugetraut, dass er 2009 nach seiner Wahlniederlage das Amt des Fraktionsvorsitzenden übernahm. Weder den Machtinstinkt, noch das Amt selbst. Steinmeier aber hat alle überrascht. Er führt die Fraktion mit der nötigen Gelassenheit und Disziplin und hat sie zu einem Think Tank für eine mögliche Regierungsübernahme 2013 umgebaut. Beharrlich arbeitet sich die Fraktion durch die Themen. Sie will nicht wie 1998 den Eindruck vermitteln, völlig ahnungslos in Regierungsverantwortung geschlittert zu sein.

Ein großartiger Redner - wie Gabriel oder Steinbrück es auf ihre Art sind - ist Steinmeier nicht geworden. Aber er hat dazugelernt, fällt gegen die beiden nicht mehr so stark ab wie noch im Bundestagswahlkampf 2009. Er hat über einen anderen Weg die Sympathien vieler Menschen gewonnen, vor allem durch den Umgang mit der Nierenspende an seine Frau im Sommer 2010.

[] Was er nicht kann: In ihrer Unaufgeregtheit sind sich Kanzlerin Angela Merkel und Steinmeier, der unter ihr in der großen Koalition Außenminister war, sehr ähnlich. Das war schon Steinmeiers Problem im Wahlkampf 2009. Er war kein echter Gegenpol, keine echte Alternative zu Merkel. Die Frage, warum er besser sein soll als die Kanzlerin, lässt sich - anders als bei Gabriel oder Steinbrück - nicht schon durch seine Persönlichkeit beantworten. Steinmeier gelingt es kaum, andere Akzente zu setzen. Er ist auch längst nicht so machthungrig wie Gabriel und Steinbrück. Nach außen bringt ihm das Punkte. Nach innen hilft es ihm nicht, sich gegen Gabriel und Steinbrück besser zu positionieren.

Peer Steinbrück, Bundestagsabgeordneter

[] Was er kann: Steinbrück ist ein Meister der scharfzüngigen Rede und in den Augen vieler Menschen immer noch der Krisenmanager der vergangenen großen Koalition, deren Finanzminister er war. Damals hat er mit seinen Konzepten den schwarzen Koalitionspartner in der Banken- und Finanzkrise vor sich hergetrieben.

Unbestritten ist, dass er zu den Wegbereitern einer Entwicklung gehört, die Deutschland in der aktuellen Euro-Krise besser dastehen lässt als andere Länder. Die Leute haben ihm vertraut, wenn auch nicht der SPD, wie sich bei der Wahl 2009 schmerzlich herausgestellt hat. Noch immer erfreut sich Steinbrück einer großen Popularität, von der er hofft, dass sie ihn in Kanzleramt trägt.

[] Was er nicht kann: Steinbrück redet gerne Klartext und das ohne Rücksicht auf Verluste. Im Volk bekommt er viel Beifall dafür. In der Partei weniger. Steinbrück ist ein Mann für Zahlen, Daten und Fakten. In Abwandlung eines alten Satzes seines Gönners Helmut Schmidt würde er wohl jedem raten: Wer Gefühle habe, der solle doch zum Arzt gehen.

Die SPD aber ist eine emotionale Partei. In keiner anderen Partei ist es so wichtig, Seele und Herz der Genossen zu erringen. Steinbrück ist das wurscht. Ohne die Partei aber wird es schwer für ihn, Kanzlerkandidat zu werden. Zumal gar nicht klar ist, was für eine Art Kandidat im kommenden Jahr 2013 gebraucht wird. Sollte sich die Euro-Krise zu einer Sozialstaatskrise ausweiten, wäre Steinbrück kaum noch zu vermitteln. Sozialpolitiker war Steinbrück nie.

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