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SPD-Spitze:Wer als Paar nicht funktioniert, kann einpacken

Im Wettkampf um den Vorsitz der SPD geht es nicht nur um Sachfragen, sondern auch um die Zusammenarbeit in der Partei. Daher sind die Kandidatenpaare im Vorteil, die als Duo harmonieren.

Kommentar von Mike Szymanski, Saarbrücken

Zum Auftakt hat die Kandidatenshow der SPD gleich einige Erkenntnisse geliefert. Wer nicht mit aller Macht an die Spitze der Partei will, hat in diesem zähen Verfahren nichts zu suchen. Und wer als Paar nicht funktioniert, kann ebenso einpacken. So gesehen haben die Lokalpolitiker Simone Lange und Alexander Ahrens ihrer Partei einen Gefallen getan, aus dem Rennen auszusteigen.

Sie mögen fähige Politiker sein in ihren Kommunen. Aber der Parteivorsitz ist eine andere Liga. Lange und Ahrens sind jedoch auch als Duo gescheitert. Ahrens, Oberbürgermeister aus Bautzen, will die AfD nicht ausgrenzen; Lange würde nicht mal mit den Funktionären sprechen. Sie offenbarten auf der Bühne ihren Konflikt.

Wer künftig die SPD führt, wird sich nicht allein daran entscheiden, wie die Personen zur großen Koalition stehen, wie weit sie die Partei nach links rücken wollen oder was sie sonst noch so versprechen. Genauso entscheidend wird vielmehr sein, welchen Eindruck die Bewerber als Gespann bei den Mitgliedern hinterlassen. Allen anfänglichen Bedenken zum Trotz sind die Regionalkonferenzen in ihrer Form ganz gut geeignet, sich gerade auch davon ein Bild zu machen.

Gewiss, fünf Minuten, um sich vorzustellen, sind nicht viel. Und doch waren sie aufschlussreich: Wer lässt wem den Vortritt? Wer beansprucht wie viel Zeit für sich? Begegnen sich Frau und Mann auf Augenhöhe? Norbert Walter-Borjans etwa ist ein kluger Finanzexperte. Darüber hinaus hat er nun demonstriert, dass er mit seiner Partnerin Saskia Esken als Team wahrgenommen werden möchte. Auch das ist ein Grund, warum sich die beiden jetzt als Favoriten im Wettstreit um den SPD-Vorsitz fühlen dürfen.

Ist es das, worauf es ankommt, was die Partei jetzt dringend braucht - gute Umgangsformen? Es geht um mehr. Es geht um das Funktionieren der Partei. Um die Gewissheit, dass die Leute an der Spitze sich aufeinander verlassen können. Die Doppelspitze, die sich die SPD wünscht, ist Chance und Wagnis. Olaf Scholz hat mit Andrea Nahles die SPD in einer Art Doppelspitze geführt, auch wenn er formal ihr Stellvertreter war. Aus dieser Zeit bleibt in Erinnerung, dass Nahles in stürmischen Tagen ziemlich alleine dastand.

Im Wettbewerb um den Vorsitz kommt es stark darauf an, wer als Team funktioniert

Jetzt tritt der Bundesfinanzminister mit Klara Geywitz an, einer Landespolitikerin. Scholz hat Mühe, in die Kandidatenrolle hineinzufinden. Es behagt ihm nicht, im großen Bewerberfeld erklären zu müssen, warum er an die Spitze der Partei gehört. Aber die Partei will genau das erfahren. Sie braucht Orientierung. Und Scholz' Partnerin, Klara Geywitz, ist selbst unsicher. Sie hat gerade bei der Wahl in Brandenburg ihr Landtagsmandat verloren. Es wird spannend sein zu sehen, ob und wie sich die beiden als Team fortentwickeln. Die Doppelspitze ist Scholz' Chance, sich noch einmal von einer anderen Seite zu präsentieren. Er sollte sie nutzen.

Für andere Bewerber dürfte es an der Zeit sein, über einen Verzicht nachzudenken. Das gilt für den Gesundheitsexperten Karl Lauterbach und Nina Scheer, seine Kollegin aus dem Bundestag. Sie machen mit ihrem Projekt einer "links-grünen" SPD zwar ein diskussionswürdiges Angebot. Aber Lauterbach drängelte sich beim ersten Auftritt ungeniert nach vorne. Lauterbach ist Scheer im öffentlichen Auftritt überlegen und ließ sie das spüren. Wenn er seine Partnerin schon nicht mitnimmt, wie soll ihm das mit der Partei gelingen - Konzept hin oder her?

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SZ vom 06.09.2019/jsa
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