SPD:Sozialdemokratischer Schleudersitz

Wohl keine andere Partei hat ihre Vorsitzenden so zerschlissen wie die SPD. Der alte und neue Parteichef Franz Müntefering wäre der 13. Parteichef seit Kriegsende und der fünfte innerhalb der vergangenen fünf Jahre. Eine Galerie der SPD-Vorsitzenden in Bildern.

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Wohl keine andere Partei hat ihre Vorsitzenden so zerschlissen wie die SPD. Der alte und neue Parteichef Franz Müntefering wäre der 13. Parteichef seit Kriegsende und der fünfte innerhalb der vergangenen fünf Jahre. Die SPD-Vorsitzenden in Bildern.

Franz Müntefering war nur kurz von der politischen Bühne verschwunden. Im November 2007 hatte er seine Ämter als Bundesarbeitsminister und Vizekanzler überraschend abgegeben, um sich um seine todkranke Frau Ankepetra kümmern zu können. Nur wenige Wochen nach ihrem Tod feierte der gebürtige Sauerländer vergangene Woche im bayerischen Landtagswahlkampf ein furioses Comeback. Seine Unterstützungsrede für den dortigen SPD-Spitzenkandidaten Franz Maget nutzte Müntefering zu einer Generalabrechnung mit CDU und CSU. Mit ihm als Parteichef und der Nominierung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier zum Kanzlerkandidaten versucht die Partei nun den Befreiungsschlag. Bis zu Münteferings Wahl auf einem Sonderparteitag wird Steinmeier die SPD anführen.

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Kurt Beck galt als Hoffnungsträger der SPD, als er im April 2006 den Parteivorsitz von Matthias Platzeck übernommen hatte. Doch richtig froh wurde der rheinland-pfälzische Regierungschef an der Parteispitze nicht. Vor allem sein Schmusekurs mit der Linkspartei kostete die SPD Ansehen. In Polit-Umfragen fiel die Volkspartei unter der Regentschaft Becks immer tiefer. Zurzeit kommen die Sozialdemokraten gerade noch auf 25 Prozent.

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Matthias Platzeck hatte sich 2005 nicht um den Posten des SPD-Chefs gerissen. Doch die Genossen feierten ihn wie einen Erlöser: Er erhielt bei der Wahl im November 2005 mit 99,4 Prozent das beste Ergebnis seit Kurt Schumacher. Der brandenburgische Ministerpräsident trat nur wenige Monate später, am 10. April 2006, vom SPD-Vorsitz zurück, nachdem er zwei Hörstürze und einen Kreislauf- und Nervenzusammenbruch erlitten hatte.

Franz Müntefering

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Franz Müntefering war Gerhard Schröders engster und wichtigster Vertrauter in der SPD. Er arbeitete Schröder in den verschiedensten Funktionen zu: Generalsekretär, Fraktionsvorsitzender im Bundestag. 2004 übernahm er dann sogar den Parteivorsitz von Gerhard Schröder. Bei seinem Amtsantritt erklärte er, das Amt sei "das schönste neben dem Papst". Die Ära Müntefering währte nur kurz: Als er seinen langjährigen Vertrauten Kajo Wasserhövel nicht als Generalsekretär durchsetzen konnte, warf "Münte" im November 2005 hin.

Gerhard Schröder

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Das Kanzleramt hat Gerhard Schröder immer offen angepeilt ("Ich will da rein"), den Parteivorsitz nie. Die SPD war vor allem Mittel zum Zweck seiner politischen Ambitionen. 1986 trat er erstmals als Spitzenkandidat seiner Partei in Niedersachsen an und wurde vier Jahre später Ministerpräsident. Nachdem er 1998 in der niedersächsischen Landtagswahl die absolute Mehrheit für die SPD geholt hatte, wurde er Kanzlerkandidat der SPD. Ein Jahr später - nach der Flucht Lafontaines aus allen Ämtern - musste Schröder den Parteivorsitz übernehmen. Fünf Jahre später gab er diesen nach heftigen innerparteilichen Auseinandersetzungen um die Agenda 2010 an Franz Müntefering ab.

Oskar Lafontaine

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Mit seiner fulminanten Rede 1995 auf dem Mannheimer Parteitag ("Zieht Euch warm an") verkörperte Oskar Lafontaine das Gegenteil seines spröden Vorgängers Rudolf Scharping. Der Saarländer riss die Delegierten so mit, dass er daraufhin gegen Scharping für den Parteivorsitz kandidierte. Nach seinem Putsch gegen den Rheinland-Pfälzer schmiedete Lafontaine das Männerbündnis mit Gerhard Schröder. Anders als vorhergesagt ("Zwischen uns passt kein Blatt Papier") kam es nach dem Wahlsieg 1998 zu einem Zerwürfnis der beiden. Von einem Tag auf den anderen schmiss Lafontaine 1999 seine Ämter - SPD-Chef und Finanzminister - hin und zeigte sich zunächst nur auf dem heimatlichen Balkon. Konsequent hintertrieb er fortan die Politik Schröders und fand in der Linkspartei eine neue politische Heimat. Seit der letzten Bundestagswahl im Jahr 2005 ist Lafontaine gemeinsam mit Gregor Gysi Vorsitzender der Linksfraktion im Deutschen Bundestag. Seit einem Jahr ist er mit Lothar Bisky Parteichef der neugebildeten Partei Die Linke.

Rudolf Scharping

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1993 setzte sich Rudolf Scharping in einem Mitgliederentscheid gegen Gerhard Schröder und Heidemarie Wieczorek-Zeul durch. Der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz verlor nach einem unglücklichen Wahlkampf 1994 als Kanzlerkandidat gegen Helmut Kohl. Zwar wechselte er anschließend als Fraktionsvorsitzender nach Bonn, agierte aber auch hier glücklos. Nach mehreren Demütigungen - Rücktritt als Fraktionsvorsitzender und Verteidigungsminister - zog er sich aus der Politik zurück. Seit rund drei Jahren führt er den Bund Deutscher Radfahrer als Präsident an.

Johannes Rau

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Wenn es früher in der SPD brenzlig wurde, riefen die Genossen immer nach Johannes Rau ("Versöhnen statt spalten"). Deshalb war der ehemalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Alt-Bundespräsident 1993 für knapp zwei Monate kommissarischer Chef der Sozialdemokraten, nachdem Björn Engholm überraschend zurückgetreten war. Der spätere Bundespräsident (1999 bis 2004) starb im Januar 2006 in Berlin.

Björn Engholm

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Björn Engholm war zu Beginn der neunziger Jahre die große Hoffnung der SPD. Bundesweit bekannt wurde der Norddeutsche 1988, als er im Zuge der Barschel-Affäre Ministerpräsident von Schleswig-Holstein wurde. Fünf Jahre später stolperte auch Engholm über diese Affäre. Der designierte Kanzlerkandidat für 1994 musste zugeben, früher von den Machenschaften Barschels gewusst zu haben, als er im Untersuchungsausschuss eingestanden hatte. 1993 gab er den Parteivorsitz, sein Amt als Ministerpräsident und die Kanzlerkandidatur ab und verschwand in der politischen Versenkung.

Hans-Jochen Vogel

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Hans-Jochen Vogel war von 1987 bis 1991 Vorsitzender der SPD. Er bezeichnete sich selbst immer wieder als "Übergangs-Vorsitzenden". Vogel war zuvor Oberbürgermeister von München, Regierender Bürgermeister von Berlin, Bundesminster und Kanzlerkandidat der SPD. Als Oskar Lafontaine nach seiner Wahlniederlage 1990 nicht SPD-Chef werden wollte, stellte der intern wegen seiner Ordnungsliebe als "wandelnde Klarsichthülle" verspottete Vogel - von den parteiinternen Flügelkämpfen aufgerieben - das Amt zur Verfügung.

Willy Brandt

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Willy Brandt ist bis heute der Übervater der SPD. Er war bereits 1961 Kanzlerkandidat und bescherte den Sozialdemokraten bei der Wahl deutliche Zugewinne. Als SPD-Vorsitzender von 1964 an war Brandt noch bis 1966 Regierender Bürgermeister von Berlin, danach Außenminister in der Großen Koalition, bevor er 1969 Bundeskanzler wurde. Auch nach seinem Rücktritt als Bundeskanzler 1974 blieb Brandt noch 13 Jahre SPD-Vorsitzender. 1987 trat er zurück, nachdem es heftige parteiinterne Kritik an seinem Vorschlag gegeben hatte, die junge Griechin Margarita Mathiopoulos zur Parteisprecherin zu machen. Brandt, nach dem die SPD-Parteizentrale in Berlin benannt ist, starb 1992.

Erich Ollenhauer

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Mehr als elf Jahre stand Erich Ollenhauer an der Spitze der SPD. In die Zeit zwischen 1952 und 1963 fällt vor allem die grundlegende programmatische und organisatorische Neuorientierung der Sozialdemokraten. Diese mündete 1959 in das so genannte Godesberger Programm, das den Wandel von einer marxistischen Arbeiterpartei hin zu einer pragmatischen Volkspartei schwarz auf weiß dokumentierte. Zwischen 1975 und 1999 trug die SPD-Parteizentrale in Bonn ("Baracke") den Namen ihres zweiten Nachkriegsvorsitzenden.

Kurt Schumacher

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Dank seines großen organisatorischen Geschicks wurde Kurt Schumacher nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs schnell die unangefochtene Führungsfigur der Sozialdemokraten. Im Mai 1946 wählte ihn die SPD in den drei westlichen Besatzungszonen zum Parteivorsitzenden - nur kurz nach der von ihm heftig bekämpften Zwangsvereinigung von KPD und SPD zur SED in der sowjetischen Besatzungszone. Schumacher sah in den Kommunisten "rotlackierte Faschisten". Der frühere Reichstagsabgeordnete, der während der NS-Diktatur fast die gesamte Zeit im KZ saß, starb 1952 an den Spätfolgen der Haft.

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