In Schwerin wurde schon gemutmaßt, dass Gerhard Schröder sich vor seiner Aussage drücken wolle. Am 24. Januar sollte er eigentlich vor dem Untersuchungsausschuss zur Rolle einer Klimaschutz-Stiftung bei der Vollendung der Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 in Schwerin Rede und Antwort stehen. Doch der Altkanzler ließ sich krankheitsbedingt und per Attest kurzfristig entschuldigen. Er ist bis heute Vorsitzender des Aktionärsausschusses, einer Art Aufsichtsrat, und war zuletzt vor allem mit der Frage beschäftigt, wie es nach der Sprengung der deutsch-russischen Pipelines weitergehen soll.
Doch Schröders Erkrankung ist ernsterer Natur. Sein Anwalt Hans-Peter Huber hat nun der Süddeutschen Zeitung bestätigt, dass sich Schröder wegen Burn-out-Symptomen in klinische Behandlung begeben hat. Der Deutschen Presse-Agentur (dpa) liegt der konkrete Befund vor. Sein behandelnder Arzt spricht von einem „schweren Burn-out-Syndrom mit den typischen Zeichen einer tiefgreifenden Erschöpfung und stark ausgeprägtem Energiemangel“. Dazu kämen „Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten sowie Schlafstörungen“ und eine „verringerte emotionale Belastbarkeit“. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Burn-out offiziell als Gesundheitsproblem anerkannt und beschreibt es als einen Zustand der körperlichen, emotionalen und geistigen Erschöpfung, der durch chronischen Stress entsteht.

Untersuchungsausschuss in Schwerin:Der Nord-Stream-Bluff fliegt auf
Der frühere Nord-Stream-Chef Matthias Warnig muss im Schweriner Untersuchungsausschuss aussagen. Er bringt die Regierung von Manuela Schwesig in einem zentralen Punkt in Erklärungsnot.
Schröder soll in dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss als Vorsitzender des Aktionärsausschusses von Nord Stream darlegen, wer im Herbst 2020 die Idee für die Stiftung hatte, um nach der Verhängung von US-Sanktionen die Pipeline unter dem Deckmantel der Stiftung zu Ende zu bauen. Es gab 20 Millionen Euro von Nord Stream, dahinter stand der russische Gazprom-Konzern, für einen Klimaschutzteil. Der andere Teil der Stiftung beauftragte Unternehmen, auch ein Schiff wurde gekauft, um mit Steinverschüttungen die Pipeline am Meeresgrund zu befestigen. Eine solche Stiftung konnte nicht mit Sanktionen belegt werden.
Bisher stellte die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns unter Führung von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) es so dar, dass von ihnen die Idee kam. Aber der frühere Nord-Stream-Chef Matthias Warnig offenbarte in der Sitzung des Untersuchungsausschusses, dass die Idee direkt aus Russland von Nord Stream kam.
Schröder sollte seine Aussage nun am 7. März in Schwerin nachholen. Ob daraus etwas wird, ist allerdings mehr als fraglich. Er sei „weder aktuell noch in absehbarer Zeit den körperlichen und psychischen Belastungen durch eine längere – insbesondere öffentliche – Befragung in einem Untersuchungsausschuss gewachsen“, schreibt sein behandelnder Arzt in der Stellungnahme. Er warnt, diese könne Schröders Gesundheitszustand weiter verschlechtern.
Die SPD hatte vergeblich versucht, ihn wegen seiner Freundschaft zum russischen Präsidenten Wladimir Putin und seiner Tätigkeit für russische Energiekonzerne aus der Partei auszuschließen. Trotz des Überfalls auf die Ukraine, den er als Fehler kritisierte, wollte er nicht mit Putin brechen. Schröder versuchte, eine Trennung zwischen einer privaten Freundschaft und dem Politischen zu vollziehen, aber auch einige Wegbegleiter brachen mit ihm, er verlor zudem sein Altkanzlerbüro im Deutschen Bundestag, wogegen er mehrfach klagte. Im vergangenen Jahr trat er wieder häufiger öffentlich in Erscheinung, etwa beim Tag der Deutschen Einheit. Im April des vergangenen Jahres feierte er im Berliner Szene-Lokal Borchardt seinen 80. Geburtstag. Zuletzt schaltete er sich auch in die Debatte um die Kanzlerkandidatur bei der SPD ein und warnte vor einer Demontage von Kanzler Olaf Scholz hierbei.