Süddeutsche Zeitung

SPD:Revanche

Warum die Jusos eine seltsame Generationensolidarität zeigen.

Von Nico Fried

Im Wettbewerb um den Parteivorsitz unterstützt der Bundesvorstand der Jusos - also der Nachwuchsorganisation der SPD - einstimmig das mit zusammengerechnet 124 Jahren zweitälteste Bewerberduo. Die Juso-Favoriten Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie auf Landes- oder Bundesebene nie eine Wahl gewonnen haben oder auch nur einen Wahlkreis, sondern Ämter und Mandate der Berufung durch andere oder einer Landesliste verdankten.

Esken und Walter-Borjans kommen zudem aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, wo die SPD in den vergangenen Jahren Wahldebakel erlebte, deren Ursache nicht nur im allgemeinen Niedergang der Partei lag, sondern mindestens ebenso in eigenem Versagen der Landesverbände.

Für die Entscheidung der Jusos war angeblich die Position der Kandidaten zur Verteilungsgerechtigkeit ausschlaggebend. Das wäre legitim. Walter-Borjans hat sich als Eintreiber hinterzogener Steuern Verdienste erworben. Aber die Jusos sehen in ihm heute wohl auch das stärkste Gegenmodell zu Olaf Scholz und im Erneuerungsversprechen des Bewerberduos die Aussicht auf ausführliche Selbstbespiegelung ohne Verantwortung. Die etwas eigenwillige Generationensolidarität der Jusos ist somit auch ein Revancheakt für die verlorene Abstimmung über eine große Koalition und ein weiterer Beweis der Geringschätzung des in Berlin regierenden Teils der SPD.

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Quelle:
SZ vom 14.09.2019
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