SPD-Personaldebatte:Eindeutig zweideutig

Steinmeier will keine Personaldebatte führen - und feuert sie doch mit jedem seiner Interviews an. Auf die Frage nach der Kanzlerkandidatur antwortet er neuerdings ausweichend.

Nico Fried

Frank-Walter Steinmeier hat an Ostern ein Interview gegeben. Normalerweise nutzen Politiker eine solche Gelegenheit für klare Positionen. Weil der mittlerweile diplomatisch geschulte Außenminister aber auch als stellvertretender SPD-Vorsitzender von der wolkigen Ausdrucksweise nicht ganz zu lassen vermag, kann man nun manches hineinlesen, Ausweichendes interpretieren und Weglassungen hinterfragen.

SPD-Personaldebatte: Eindeutig zweideutig: In Interviews vermied Steinmeier klare Stellungnahmen.

Eindeutig zweideutig: In Interviews vermied Steinmeier klare Stellungnahmen.

(Foto: Foto: ddp)

So sagte Steinmeier der Bild-Zeitung zum Beispiel, die SPD müsse "den Menschen deutlicher sagen, wohin unser Kurs geht". Das klingt, als wüssten es die Sozialdemokraten schon, und liegt ganz auf der Linie von Parteichef Kurt Beck, der zur Zeit durchs Land tourt, um unter dem Motto "nah bei den Menschen" über die Beschlüsse des Hamburger Parteitages zu reden.

An anderer Stelle im selben Text aber sagt Steinmeier, die Inhalte, mit denen die SPD ins Wahljahr gehen wolle, müssten erst geklärt werden. Das wiederum erinnert an Franz Müntefering, der in einem Brandbrief am Tag der Hamburger Landtagswahl forderte, die inhaltliche Debatte müsse bald beginnen. Vollends schwierig wird die Deutung schließlich dadurch, dass Steinmeier selbst keinen einzigen Inhalt nennt. An dieser Stelle also kommt man nicht wirklich weiter.

"Keine Experimente" mit der Linkspartei

Deutlicher wird der SPD-Vize beim Umgang mit der Linkspartei. Mit ihr werde die SPD nach der Bundestagswahl "keine Experimente" eingehen, so Steinmeier. "Dafür steht die ganze SPD, und dafür stehe ich persönlich."

Damit freilich räumt er auch ein, dass es an dieser Haltung nach den vergangenen Wochen und dem Kurswechsel des Parteivorsitzenden Kurt Beck beim Umgang mit der Linken in den Ländern gewisse Zweifel geben konnte. Ähnliches gilt für seinen Satz, die Sozialdemokraten "sind und bleiben die Kraft der Mitte", was mehr nach Gerhard Schröder klingt, während Parteichef Beck lieber von der "linken Volkspartei der Mitte" spricht.

Und dann sind da noch die Personaldebatten. Steinmeier sagt, die brauche man nicht. Dennoch werden viele Genossen genau diese Passage seines Interviews genau lesen - und hinterher vermutlich wieder diskutieren.

Bei der Frage nach dem Parteivorsitzenden Kurt Beck ist Steinmeier nämlich einerseits unmissverständlich: "Beck ist und bleibt Parteivorsitzender! Ich kann nicht entdecken, dass es darüber in der SPD Diskussionen gäbe."

Bei der Frage nach der Kanzlerkandidatur weicht der SPD-Vize andererseits aus: "Wir brauchen jetzt keine Personaldebatte, auch keine über Kanzlerkandidaten." Solche Diskussionen, so Steinmeier, "helfen uns nicht, politisch wieder Boden unter die Füße zu bekommen".

Dazu muss man wissen, dass Steinmeiers Standard-Formulierung zuletzt immer lautete, er werde alles tun, um einen Kanzlerkandidaten Beck zu unterstützen. Jetzt heißt es nur noch: "Beck wird seinen Vorschlag machen und das zur rechten Zeit."

An diesem Verfahren freilich sind über Ostern Zweifel aufgekommen. Für die allerdings kann Steinmeier wirklich nichts. Vielmehr hat die Bild am Sonntag eine Umfrage in Auftrag gegeben, deren Ergebnis so aussieht: Die große Mehrheit der SPD-Anhänger will den Kanzlerkandidaten per Urwahl bestimmen lassen und diese Frage nicht allein Kurt Beck überlassen.

Nach Erhebung des Forschungsinstitutes Emnid sind 91 Prozent der SPD-Wähler dafür, dass die Entscheidung über den Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von der sozialdemokratischen Basis getroffen wird. Man darf annehmen, dass diese Diskussion die SPD in den nächsten Wochen verfolgen wird.

Seeheimer Kreis will Kandidat "mit maximalem Wahlerfolg"

Nicht sehr einheitlich klangen übers Wochenende Äußerungen aus der zweiten Reihe der Partei. Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Klaas Hübner, forderte Beck auf, den aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten vorzuschlagen. Nötig sei ein Kandidat, "mit dem wir den maximalen Wahlerfolg haben werden", sagte Hübner der Zeitschrift Super Illu.

Die SPD sei "glücklicherweise in der Lage, auf mehrere geeignete Persönlichkeiten zurückgreifen" zu können. "Da ist zuallererst Kurt Beck selbst. Daneben zählen dazu zum Beispiel Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück", sagte Hübner.

Berlins SPD-Landeschef Michael Müller sieht das offenbar etwas anders. "Das Problem der SPD ist derzeit, dass zu viele Stimmen in der SPD glauben, sie könnten die Richtung vorgeben", sagte er der dpa. "Klar ist jedoch, dass der Parteivorsitzende und die Gremien über den Kurs entscheiden und nicht einzelne Personen, ob sie Stellvertreter sind oder nicht." Das kann man als Kritik an Steinmeier lesen. Aber was ist schon eindeutig bei der SPD in diesen Tagen.

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