SPD-Parteitag:SPD hält an Schulz fest - und wählt sechs Parteivizes

  • Mit großer Mehrheit stimmt der SPD-Bundesparteitag für Gespräche mit CDU und CSU.
  • Parteichef Schulz wird mit 81,9 Prozent der Stimmen wiedergewählt.
  • Die stellvertretende SPD-Chefin Schwesig äußert in einer Fernsehsendung Zweifel an den Führungsfähigkeiten von Bundeskanzlerin Merkel.

Die Delegierten auf dem SPD-Bundesparteitag haben sich für ergebnisoffene Gespräche mit der Union ausgesprochen. Nach stundenlanger Debatte stimmte eine große Mehrheit der 600 Delegierten für den entsprechenden Antrag der Parteispitze. Sie bestätigten außerdem Parteichef Martin Schulz mit 81,94 Prozent der Stimmen im Amt. Damit blieb der gescheiterte Kanzlerkandidat deutlich unter dem Rekordergebnis von 100 Prozent, das er bei seiner ersten Wahl im März erhalten hatte. Schulz sprach von einem "Vertrauensbeweis" und nahm die Wahl an.

"Am 19. März habt ihr mich mit 100 Prozent ausgestattet. Das war ein schöner Moment, aber danach kamen auch schwierige Zeiten", sagte er mit Blick auf das historisch schlechte Abschneiden der Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl. "Jetzt habt ihr mich mit 81,94 Prozent ausgestattet. Ich wünsche mir, dass auf Grundlage dieses Ergebnisses bessere Zeiten kommen."

Bereits nächste Woche will Schulz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer sprechen. Ergebnisoffen bedeutet, dass die Gespräche zu einer großen Koalition, einer Minderheitsregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) oder zu Neuwahlen führen können. Ein Antrag der Jusos, der für einen Ausschluss der großen Koalition warb, fand auf dem Parteitag in Berlin keine Mehrheit. Bereits am Mittwoch wollen die Spitzen von CDU, CSU und SPD zusammentreffen.

"Nicht um jeden Preis regieren"

Juso-Chef Kevin Kühnert wandte sich gegen eine erneute große Koalition und erhielt dafür viel Applaus. "Die Erneuerung der SPD wird außerhalb einer großen Koalition sein oder sie wird nicht sein", sagte Kühnert. Es war nicht die einzige skeptische Stimme auf dem Parteitag, wobei die Parteispitze geschlossen für Gespräche warb.

In einer 75 Minuten langen Rede hatte Schulz für Gespräche mit der Union geworben. "Wir sind jetzt gefordert", sagte er. "Wir müssen nicht um jeden Preis regieren, aber wir dürfen auch nicht um jeden Preis nicht regieren wollen." Er appellierte an die Verantwortung der Partei, jetzt und gegenüber der nächsten Generation. "Lasst uns zuerst sehen, welche Inhalte wir durchsetzen können, und lasst uns dann entscheiden, wie wir das tun", sagte Schulz.

Einen inhaltlichen Vorsatz konnte die SPD bei der Wahl von Schulz' Stellvertretern bereits umsetzen: Zu Vizevorsitzenden der Partei gewählt wurden mit Malu Dreyer, Manuela Schwesig, Natascha Kohnen, Thorsten Schäfer-Gümbel, Ralf Stegner und Olaf Scholz drei Frauen und drei Männer. Bisher hatte es nur fünf Stellvertreter gegeben. Mit 97,5 Prozent das beste aller Ergebnisse holte Dreyer, die ebenfalls gegen eine Neuauflage der großen Koalition ist - Hamburgs erster Bürgermeister Scholz, dem zeitweise Ambitionen auf Schulz' Nachfolge nachgesagt wurden, wurde mit 59,2 Prozent hingegen abgestraft.

Der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Generalsekretär Hubertus Heil soll am Freitag gewählt werden - designiert ist Lars Klingbeil. Außerdem wird ein neuer Parteivorstand gewählt.

Nach ihrem schlechtesten Ergebnis bei einer Bundestagswahl hatte sich die SPD im September eigentlich dazu entschlossen, in die Opposition zu gehen. Dann scheiterten nach fünf Wochen die Jamaika-Sondierungsgespräche zwischen Union, FDP und Grünen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief die SPD dazu auf, ihre staatspolitische Verantwortung wahrzunehmen und mit der Union zu reden. Dafür ist nun der Weg frei.

Die stellvertretende SPD-Chefin Schwesig äußerte am Abend noch Zweifel an den Führungsfähigkeiten von Bundeskanzlerin Merkel. Die Bürger vermissten jemanden, der ihnen sage, wie es in den nächsten fünf bis zehn Jahren weitergehe in Deutschland, Europa und der Welt, sagte sie in der ZDF-Sendung maybrit illner. "Diese stärkere Führung würde ich mir schon wünschen und da habe ich große Zweifel, ob das eigentlich noch mit Frau Merkel geht."

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