Die Parteifreundin Malu Dreyer macht wahr, wovon die SPD-Spitze in Berlin träumt: In Rheinland-Pfalz hievt die beliebte Regierungschefin die Sozialdemokraten nach ausdauernder Aufholjagd auf 35,7 Prozent. Dreyers Wahlkampf war in sich stimmig, getragen von Geschlossenheit, der Slogan: "Wir mit ihr" zeugte vom tiefen Vertrauen in die Zugkraft der Spitzenkandidatin.
"So siegen wir Sozialdemokraten", sagte am Abend die Bundesparteichefin Saskia Esken. Malu Dreyer regiere "mit Herz und mit Hand". In ihrem Erfolg sieht sie schon "ein großartiges Vorzeichen für die Kanzlerschaft von Olaf Scholz". Der Kanzlerkandidat gibt sich kaum weniger bescheiden. Er sei sich sicher, dass an diesem Tag alle verstanden hätten: "Es ist viel möglich." Scholz als nächster Kanzler? "Das geht", sagte er in der ARD.
Als die heutigen SPD-Chefs Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken sich im Herbst 2019 um den Parteivorsitz bewarben, war auch für Dreyer in Rheinland-Pfalz die Lage alles andere als komfortabel. In den Umfragen war die SPD auf bis zu 22 Prozent abgerutscht. Das katastrophale Erscheinungsbild der SPD im Bund, die sich unter ihrer damaligen Chefin Andrea Nahles im Streit aufgerieben hatte, schlug durch bis Mainz.
Damals hatte Dreyer als kommissarische Parteichefin im Bund ausgeholfen. Sie selbst wollte nicht Vorsitzende werden, auch deshalb nicht, weil sie die Sorge umtrieb, die SPD könnte ohne ihre Strahlkraft Rheinland-Pfalz bei dieser Wahl verlieren. Mit ihrem Erfolg hat die Partei am Sonntag nun etwas zu feiern.
Die Partei hört aus Mainz ein für sie wichtiges Signal
Denn ganz anders sieht die Lage in Baden-Württemberg aus, wo ein Ergebnis von nur noch elf Prozent die Frage nach dem künftigen Selbstverständnis der Sozialdemokraten aufwirft. Nun hofft Generalsekretär Lars Klingbeil, dass es seine Partei dort womöglich in eine Ampelregierung schafft. "Wir sind bereit", sagt er.
Setzt Dreyer ihre Ampelkoalition in Rheinland-Pfalz fort, würde das wichtige Wahljahr mit einem für die SPD wichtigen Signal beginnen: Regieren geht auch ohne die Union. Und, wenn dieser Gedanke sich in den Köpfen festsetzt, dann könnte auch Scholz' Chance kommen, weil dann vielleicht alles in Bewegung gerät. Noch steckt die SPD bei 16 Prozent fest. Immerhin, die Wahlkämpfer in den Ländern können diesmal nicht behaupten, es habe Gegenwind aus Berlin gegeben. Abgesehen vom Konflikt über die Identitätspolitik zwischen Teilen der Parteispitze und Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sowie der zweimaligen SPD-Kandidatin für das Bundespräsidentenamt, Gesine Schwan, war kein großer Streit zu vernehmen. So gut sortiert war die SPD lange nicht.