SPD:Was die CSU mit der SPD gemeinsam hat

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Wahlplakate nach der Bundestagswahl 2017: Für die CSU ist die Lage derzeit prekär - für die SPD ist sie noch prekärer. (Foto: Stephan Rumpf)

Für die CSU ist die Lage nach der Bundestagswahl prekär, für die SPD ist sie noch prekärer. Trotzdem scheuen die Parteien die Erneuerung - wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

Kommentar von Heribert Prantl

CSU und SPD haben einiges gemeinsam. Beide Parteien haben die Bundestagswahl dröhnend verloren. Seitdem hat die SPD ein CSU-Problem; und die CSU hat ein SPD-Problem. Beide Parteien hadern nämlich mit ihrem Vorsitzenden. Beide diskutieren wild, ob sie einen neuen brauchen. Und in beiden Parteien geht die Antwort hin zum Ja ..., aber: Ja, schon; ja gewiss; ja, unbedingt - aber nicht jetzt gleich, eher später.

In beiden Parteien gibt es im Dezember einen Parteitag, auf dem der Vorstand neu gewählt wird; in beiden Parteien fixiert sich alles auf diesen Termin; in beiden Parteien wird man sich nicht trauen, den derzeitigen Vorsitzenden abzuwählen, wenn und weil der weitermachen will. Die Gründe für die Scheu sind verschieden: In der SPD weiß man, dass es die Wähler als widerlich empfänden, wenn man Martin Schulz, der erst jüngst mit hundert Prozent gewählt wurde, schon wieder abservierte. Und in der CSU ist man sich nicht sicher, ob der Sturz des Chefs die Aussichten für die Landtagswahl 2018 schwächt oder stärkt; weil das so ist, steht es unentschieden - das heißt: Es bleibt zunächst alles so wie es ist.

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Von Christoph Hickmann

Die Lage ist für beide Parteien prekär; die CSU steht vor dem Verlust der absoluten Mehrheit im Lande, also vor dem Nimbusverlust. Für die SPD ist die Lage noch prekärer: Sie hat nicht nur, wie die CSU, eine Wahl verloren, sondern eine ganze Reihen von Wahlen (ausgenommen Niedersachsen); sie fällt und fällt seit Jahren. Es geht für sie nicht mehr nur um den Nimbus, sondern um den Status, um die Existenz. Es geht für die SPD darum, ob sie beim nächsten Mal wieder auf 25 Prozent oder mehr klettert oder ob sie auf 15 Prozent fällt. Man hat nicht den Eindruck, dass sie den Ernst der Lage erkannt hat. Von diesem Ernst redet sie zwar, von inhaltlicher und personeller Erneuerung auch. Aber es bleibt beim Reden, ansonsten ist alles verschärft so wie immer; es gibt die üblichen Flügeleien, Nabelschauen und Selbstdarstellungspirouetten. Die Protagonisten der Flügel, sei es Scholz, sei es Stegner oder sonst wer, sie alle sagen das, was sie schon immer für richtig gehalten haben. Erneuerung ist das gewiss nicht.

Die SPD ist derzeit eine unzurechnungsfähige Partei

Die CSU hat bei aller Kritik an Seehofer das Glück, einen erfahrenen Parteichef zu haben. Die SPD hat das Glück nicht; die Unerfahrenheit von Schulz spürt man auf Schritt und Tritt. Er ist mit seinem Überleben beschäftigt; damit, möglichst allen alles zu versprechen und seine Personalentscheidungen danach auszurichten, dass sie ihm beim Parteitag Stimmen bringen. Schulz traut sich nichts. Er ist nicht als Fraktionschef angetreten, weil er die Gegenstimmen fürchtete. Und jetzt traut er sich nichts, weil er Gegenstimmen bei der Wiederwahl zum Parteichef fürchtet. Ein Parteichef, der sich nichts traut, ist ein trauriger Parteichef.

Die SPD ist derzeit eine unzurechnungsfähige Partei. Sie wieder zurechnungsfähig zu machen, wäre Aufgabe des Parteichefs. Das geht nicht bis zum Parteitag - das dauert, ein Jahr, mindestens. Dazu braucht er die Parteimitglieder, die zigtausend neu eingetretenen vor allem - die ja nicht zur Beerdigung der SPD gekommen sind, sondern weil sie etwas wollen von dieser Partei. Diese Neuen vor allem braucht der Parteichef für die Erneuerung der SPD; mit ihnen zusammen muss er sie so aufbauen, dass sein Nachfolger wieder eine Chance hat.

© SZ vom 28.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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