SPD-Oberbürgermeister Feldmann in Frankfurt:Spröder Kerl, völlig unterschätzt

Weder Gegner noch Anhänger haben damit gerechnet, dass der etwas blasse Peter Feldmann die Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt gewinnt. Der SPD-Politiker kennt alle Facetten der Stadt - und möchte verhindern, dass in zehn Jahren die Frankfurter Vorstädte brennen.

Marc Widmann

Seine Stimme klingt noch immer heiser und fragil am Tag nach dem Triumph, im Wahlkampf hat sie ihn zwischendurch fast völlig verlassen. Aber Peter Feldmann schonte sich nicht, er kämpfte, zog weiter von Tür zu Tür und als er es schließlich geschafft hatte, krächzte er: "Das ist der Hammer!"

Peter Feldmann

Völlig überraschend - auch für ihn - wurde Peter Feldmann zum neuen Frankfurter Oberbürgermeister gewählt.

(Foto: dpa)

Nach fast 17 Jahren hat er das Frankfurter Rathaus für die SPD zurückerobert, ausgerechnet er, der "Underdog", wie er sich selbst nennt: "Weder Freunde noch Gegner noch ich selbst haben das erwartet." Seine Gegner belächelten ihn vor allem als den spröden Kerl aus dem Stadtparlament, der seinen Anzug immer mit Weste trägt und dessen Posen auf den Plakaten so gestellt wirkten. Sie haben ihn völlig unterschätzt.

Peter Feldmann kennt beide Gesichter von Frankfurt. Er hat Familie im mondänen Westend, aber er selbst wohnt da, wo er herkommt: in Bonames, jenem verrufenen Stadtteil im Nordwesten, wo sich manch bürgerlicher Frankfurter kaum hintraut. "Dort hat die Stadt nicht diese Leichtigkeit", sagt Feldmann, "ich habe den Eindruck, dass es da manchmal auch etwas anders riecht und schmeckt."

Als Kind hat er dort in einem Hochhaus gelebt, das erzählt er gerne. Später leitete er das Jugendzentrum, deshalb kennt er die jungen Leute dort, deren Gefühl, "dass ihnen der Reichtum dieser Stadt wie eine Fata Morgana vorgeführt wird: Wenn sie nach ihm fassen, entweicht er, oder sie fassen so fest zu, dass sie danach im Jugendgefängnis sitzen". So anschaulich kann der 53-Jährige von der Not erzählen, weil er vom Leben mehr gesehen hat als so mancher Berufspolitiker.

Am Tag nach seinem Sieg verkündet er nicht die üblichen Parolen; er erzählt, dass in manchen Teilen Frankfurts "der Scheitel erreicht ist". Da gebe es schon eine Mädchengang, die ältere Männer verprügele. Er wolle nicht, sagt Feldmann, dass Frankfurt eines Tages Vorstädte habe wie Paris oder London. "In zehn Jahren können wir das nicht mehr stoppen."

Ein OB, der nichts befehlen kann

Er will die beiden Welten der Stadt, die reiche und die triste, wieder zusammenführen. Kinderarmut, Wohnungsnot, das waren seine Themen, natürlich auch der Fluglärm. Er übernachtete bei einer Familie in der Einflugschneise, sein Gegner von der CDU nicht.

Seit 23 Jahren sitzt Feldmann im Stadtparlament, vielen erschien er zu blass, zu wenig schillernd, den Sieg traute ihm keiner zu. Dabei zeigt schon sein Lebensweg, dass er kein Gewöhnlicher ist. Er ließ sich zum Gärtner ausbilden, half als 20-Jähriger in einem Kibbuz mit, wurde dann Diplom-Politologe und Sozialbetriebswirt, obwohl er auch dem Ruf des Geldes hätte folgen können. Stattdessen widmete er sich der Jugendarbeit und leitete ein Altenhilfezentrum, später arbeitete beim Paritätischen Wohlfahrtsverband in der Verwaltung.

Ein "arbeitender OB" will er im Römer sein und nebenbei den Posten des Wirtschaftsdezernenten übernehmen. Das wird nicht leicht für ihn, weil ihm in Stadtparlament und Magistrat eine schwarz-grüne Mehrheit gegenübersitzt. Er wird als OB nur Erster unter Gleichen sein, nichts befehlen können. Aber den früheren Sozialarbeiter schockt das nicht: "Das sind ja alles Erwachsene, die kooperieren wollen."

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