Vorstandsklausur:SPD bricht mit Hartz IV

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Andrea Nahles hatte bereits bei ihrer Wahl zur Vorsitzenden im April 2018 ein neues Sozialstaatskonzept in Aussicht gestellt. (Foto: dpa)
  • Der SPD-Parteivorstand hat auf einer Klausur in Berlin ein Konzept für einen Sozialstaat der Zukunft beschlossen.
  • Dieses sieht einen Mindestlohn von perspektivisch zwölf Euro vor und eine deutliche längere Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I.
  • Zudem soll ein "Bürgergeld" an die Stelle der Hartz-IV-Leistung treten, künftig soll es insgesamt deutlich weniger Härte und mehr Hilfe bei Arbeitslosigkeit geben.

Von Mike Szymanski, Berlin

Die SPD will mit teils radikalen Korrekturen an den umstrittenen Hartz-IV-Reformen den Weg aus der Krise finden. Am Sonntag hat der Parteivorstand auf einer Klausur in Berlin ein Konzept für einen Sozialstaat der Zukunft beschlossen, das einen Mindestlohn von perspektivisch zwölf Euro vorsieht und eine deutliche längere Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I. Ein "Bürgergeld" soll an die Stelle der Hartz-IV-Leistung treten, künftig soll es insgesamt deutlich weniger Härte und mehr Hilfe bei Arbeitslosigkeit geben. Kinder will die SPD aus dem Hartz-IV-System herauslösen. Die Grundrente soll für Geringverdiener aufgebessert werden.

Für Parteichefin Andrea Nahles leitet die SPD damit die Abkehr von dem unter Kanzler Gerhard Schröder angestoßenen Umbau des Sozialstaates ein. Dieser hatte zwar einerseits zur guten wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands beigetragen, andererseits aber vor allem bei SPD-Anhängern zu Enttäuschung und Abstiegsängsten geführt.

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In Umfragen kommt die Partei derzeit auf Werte von um die 15 Prozent. Seit Jahren machen vor allem Parteilinke die Hartz-IV-Reformen für den Niedergang der SPD mitverantwortlich. Nahles sagte am Sonntag: "Wir können mit Fug und Recht sagen: Wir lassen Hartz IV hinter uns." Das Konzept werde nicht am Geld scheitern, sagte Nahles, ohne bei der Finanzierung konkreter zu werden.

Bei der Union fielen die Reaktionen teils heftig aus

In ihrer Partei erfährt sie breite Unterstützung. SPD-Vize Manuela Schwesig sagte der Süddeutschen Zeitung, die SPD zeige mit dem Konzept, dass sie "gleichermaßen für verlässliche Regierungsarbeit und für die Entwicklung von Zukunftskonzepten" stehe. Das Konzept werde die SPD "nach innen wie nach außen stärken".

Nahles hatte bereits bei ihrer Wahl zur Vorsitzenden im April 2018 ein neues Sozialstaatskonzept in Aussicht gestellt. Die Arbeiten daran haben sich über ein Dreivierteljahr hingezogen. Sebastian Hartmann, Vorsitzender des mitgliederstärksten SPD-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, sagte der SZ: Die Diskussionen über die Hartz-IV-Reformen hätten in der Partei "schwerste Verwerfungen" ausgelöst. "Das Konzept, das wir jetzt vorliegen haben, ist nicht weniger als ein echter Kurswechsel in dieser Frage." Nahles sieht er mit der Vorlage des Konzeptes gestärkt. "Das ist ein roter Faden, der der SPD sehr guttut." Die Zusammenarbeit in der großen Koalition in Berlin werde dadurch zwar "nicht einfacher", sagte Hartmann. Aber damit werde deutlich klarer, "wer wofür steht" in der Koalition.

Beim Partner Union fielen die Reaktionen teils heftig aus. Hessens Ministerpräsident und CDU-Parteivize Volker Bouffier sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Die SPD plant die Beerdigung der sozialen Marktwirtschaft." Mit ihrem Wunsch, wieder Wähler zu gewinnen, habe sie sich "für einen strammen Linkskurs" entschieden. Die Sozialdemokraten wollten "mehr Bürokratie, mehr Staat und Steuererhöhungen". Da mache "die Union nicht mit."

Ähnlich äußerte sich CSU-Chef Markus Söder in der Bild am Sonntag: "Die aktuellen Vorschläge der SPD sind nicht vom Koalitionsvertrag gedeckt." In der Regierung dürfe es "keinen ideologischen Linksruck" geben.

© SZ vom 11.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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