Süddeutsche Zeitung

Hohe Energiepreise:SPD will klamme Mieter schützen

Wer nicht genug Geld hat, um steigende Nebenkosten zu bezahlen, dem soll nach den Vorstellungen der Sozialdemokraten nicht gekündigt werden. Auch Vermieter könnten Unterstützung erhalten.

Von Roland Preuß, Berlin

Nach der Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, die Bürger bei den Energiekosten stärker zu unterstützen, gibt es aus der SPD konkrete Forderungen zur Entlastung. In einem Eckpunktepapier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, schlägt die SPD-Bundestagsfraktion fünf Maßnahmen vor, die Mieterinnen und Mietern, aber auch Vermietern kurzfristig helfen sollen. Demnach soll eine Kündigung des Mietvertrages bei Wohnungen vorerst nicht mehr zulässig sein, wenn ein Mieter seine Vorauszahlungen für die Betriebskosten nicht leisten kann. Ähnliches soll für Nachzahlungen gelten, und zwar für sechs Monate ab der Abrechnung. Die Regelung soll bereits für die Abrechnungsperiode 2021 und auch für 2022 gelten.

Die Vermieter, an denen die Kosten damit zunächst hängen blieben, soll der Staat ebenfalls unterstützen. Falls das Verbot von Kündigungen bei Vermietern zu einer "unzumutbaren Härte" führe, soll diesen zur Überbrückung ein zinsloses Darlehen gewährt werden. Müssen Vermieter einen Kredit auf das Haus zurückzahlen, so sollen die Ansprüche gestundet werden. Die SPD-Fraktion nennt als Zielgruppe insbesondere "Kleinstvermieterinnen", also Privatleute, die oft auf Mieteinnahmen angewiesen sind, etwa für ihre Einkünfte im Alter. "Wir lassen niemanden im Stich", sagte Kevin Kühnert, der zuständige Berichterstatter der SPD-Fraktion, am Wochenende der SZ. "Niemand darf auf der Straße landen, nur weil er die horrenden Nebenkosten oder eben die Kaltmiete nicht mehr zahlen kann."

Scholz hatte am Freitag ein Rettungspaket für den angeschlagenen Energiekonzern Uniper angekündigt, durch das die Gaspreise für die Verbraucher noch mehr steigen werden. Gleichzeitig stellte der Kanzler weitere Entlastungen für Bürger und Unternehmen in Aussicht und kündigte an, die Kündigungsschutzregeln für Mieter und Energiekunden zu überprüfen.

In dem Papier der SPD-Fachpolitiker heißt es, in einzelnen Regionen würden Preisanstiege bei Nebenkosten vorhergesagt, die die bisherigen Kaltmieten "um ein Mehrfaches übertreffen". Die Überlastung Einzelner und großflächige Zahlungsausfälle könnten zu einer Kettenreaktion führen, welche die Versorgung der Bürger gefährde.

Gesucht: ein "Konzept zur Sicherung der Stadtwerke"

Als weitere Maßnahmen bekräftigt die SPD-Fraktion ihre Forderung, dass säumigen Zahlern nicht Strom oder Gas abgestellt werden dürfe. Dies müsse mit einem "Konzept zur Sicherung der Stadtwerke" verbunden werden. Diese können derzeit nicht alle Preissteigerungen weitergeben und müssen zudem die Ausfälle bewältigen durch Kunden, die ihre Rechnungen nicht zahlen können. Besonders belastete Haushalte müssten weiter unterstützt werden, und zwar nicht nur Empfänger staatlicher Hilfe, sondern auch andere einkommensschwächere Haushalte sowie Rentnerinnen und Rentner.

Scholz hatte am Freitag bereits eine Reform des Wohngeldes angekündigt, den Kreis der Berechtigten werde man ausweiten, sagte er. Laut SPD-Papier soll diese Unterstützung für Mieter bereits vom kommenden Jahr an dynamisiert werden, das heißt regelmäßig automatisch steigen. Bisher war dies erst für 2024 vorgesehen. Auch für Studierende und Azubis werde man "eine weitere Entlastung für die Heizperiode 22/23 schaffen".

Gesetze zum Mieterschutz wie die Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 und die Ausweitung der Mietspiegel seien ohnehin geplant, sagte SPD-Fraktionsvize Verena Hubertz. "Für die SPD-Fraktion ist klar, dass wir das als Koalition unmittelbar nach der Sommerpause erledigen können und sollten." Hubertz drängt damit vor allem Justizminister Marco Buschmann (FDP) zur Eile, der federführend für den Mieterschutz verantwortlich ist.

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