SPD: Lafontaine und das Debakel:Oscarreife Abrechnung des Franz Müntefering

Attacke vor dem Abgang: Der scheidende SPD-Vorsitzende Müntefering rechnet mit Linkspartei-Chef Lafontaine ab - und warnt vor schnellem rot-roten-Kuschelkurs.

Franz Müntefering übt nur noch wenige Wochen jenes Amt aus, das er einmal für das allerschönste nach dem des Papstes hielt: als Vorsitzender der SPD.

Bis zum Bundesparteitag im November darf er noch Parteichef sein, die Entscheidungen treffen jedoch längst andere. Da bleibt dem knorrigen Sauerländer nur, sich um die Deutungshoheit rund um die aus SPD-Sicht epochal verlorene Bundestagswahl zu mühen.

Die Gründe für das Debakel macht der 69-Jährige nicht etwa in der bisherigen Parteiführung aus oder in der Person des glücklosen Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier. Nein, die Hauptschuld trägt nach Münteferings Lesart ein anderer, der schon so oft die Rolle des Sündenbocks der Sozialdemokraten ausfüllen musste: Oskar Lafontaine.

Attacken gegen Lafontaine

"Er hat die Partei verlassen, dann verraten und anschließend ganz gezielt gegen uns organisiert", wetterte Müntefering im Gespräch mit der Zeit und fügte hinzu: "Lafontaine hat die linke Mitte in Deutschland beschädigt, aus niederen persönlichen Motiven."

Alles Oskar, alles seine Schuld also. Der Mann, dem die Formel vom "Napoleon von der Saar" selbst gefällt, soll also eine Traditionspartei ganz allein zerlegt haben.

Aus Sicht Münteferings führte der Saarländer ganz alleine die Linken zum Erfolg. Ihre Vorgängerpartei, die PDS, hätte nie eine Chance gehabt, auch in den westdeutschen Bundesländern aufzutrumpfen, wenn der ehemalige SPD-Vorsitzende Lafontaine das nicht organisiert hätte: "Da ist viel an Wählerschaft abgezogen, was wir nicht mit vergleichbar populistischen Antworten hätten halten können", glaubt Müntefering. Wenn man später einmal über diese Jahre spreche, werde sich Lafontaine besonders viel sagen lassen müssen.

Gleichzeitig wandte sich der scheidende Parteichef gegen eine schnelle Hinwendung der SPD zur Linkspartei: "Deshalb finde ich die Geschwindigkeit mancher, ihm nun Signale zu senden, dass man miteinander könnte, armselig", erklärte Müntefering.

"Die Hand entgegenstrecken"

Trotz dieses Vorbehalts hält der SPD-Chef ein Linksbündnis im Bund prinzipiell für machbar. "Die Kinder und Enkelkinder der SED müssen in der Demokratie ankommen können. Man kann und darf ihnen die Hand entgegenstrecken", so Müntefering. Über Koalitionsoptionen solle die SPD aber erst 2013 entscheiden: "Jetzt darüber reden bringt nichts."

Münteferings Abrechnung wird wohl nichts am Umfragetief der SPD ändern, das sich nun fortsetzt. Die aktuelle Forsa-Erhebung sieht den Zuspruch der Bürger zur ältesten deutschen Partei auf einem Tiefstand.

Demnach sackte die SPD um weitere zwei Punkte auf nur noch 20 Prozent ab. Gewinner ist in dieser Woche die FDP, für die es um zwei Prozentpunkte nach oben ging. Sie erreichte 16 Prozent.

Aber sicher ist auch daran Oskar Lafontaine schuld.

Die Union verlor dagegen einen Punkt und kam auf 34 Prozent, die Grünen legten einen auf 11 Prozent zu. Die Linke verharrte gegenüber der Vorwoche bei 13 Prozent.

Zusammen kämen die neuen Regierungsparteien CDU/CSU und FDP auf 50 Prozent der Stimmen. "Schwarz-Gelb taugt noch immer nicht als Schreckgespenst, aber die Lager formieren sich", analysierte Forsa-Chef Manfred Güllner die aktuelle "Sonntagsfrage".

In der neuen Regierung sollte Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nach Meinung der Bürger Wirtschaftsminister bleiben. Dies wünschen sich in einer weiteren stern-Umfrage 48 Prozent der Befragten. 17 Prozent sähen ihn lieber als Finanzminister und nur sechs Prozent sind der Meinung, er solle Verteidigungsminister werden.

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