SPD:Das Fundament bröckelt bedrohlich

SPD-Logo beim Landesparteitag der Berliner SPD 2018

Die SPD in schwieriger Lage: Die Stimmung bei den Sozialdemokraten ist besorgt bis angsterfüllt.

(Foto: picture alliance/dpa)
  • Im Bund liegt die SPD laut Umfragen bei 15 Prozent. Und auch in einzelnen Ländern sieht es nicht viel besser aus.
  • In Thüringen, Sachsen, Brandenburg wird in diesem Jahr gewählt.
  • Laut Umfragen kann es etwa der AfD gelingen, die CDU oder die SPD als stärkste Kraft abzulösen.

Von Mike Szymanski und Max Ferstl, Berlin

Es war eine großzügige Geste von Andrea Nahles, als ihre SPD wieder einmal gescheitert war: Bei der Landtagswahl in Hessen rutschten die Sozialdemokraten auf unter 20 Prozent ab. Die SPD-Chefin stand später am Abend im Willy-Brandt-Haus, der Berliner Parteizentrale, und nahm alle Verantwortung für die Niederlage auf sich: Ihr Parteikollege Thorsten Schäfer-Gümbel, der Spitzenkandidat in Hessen, habe "nichts falsch" gemacht.

Die SPD in Hessen verliert knapp elf Prozent - und schuld ist nur Berlin? Es war Schäfer-Gümbels dritter Anlauf gewesen. Ob er überhaupt noch der richtige Kandidat war, darüber sprach in den Tagen des Frustes kaum jemand. Auch Natascha Kohnen, Spitzenkandidatin der SPD in Bayern, hatte schnell Erklärungen parat, warum ihre Partei in Bayern zwei Wochen zuvor ihr Ergebnis bei der Landtagswahl halbiert hatte und nicht einmal mehr auf zehn Prozent kam: Die ungeliebte große Koalition, in die Nahles die SPD abermals geführt hatte, das schlechte Erscheinungsbild der Sozialdemokraten.

Schon im Wahlkampf hatte sie auf Nahles als Problemverursacherin gezeigt, weil diese in der Affäre um den früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen sich grob verkalkuliert hatte. Aber erklärt dies allein, warum sich die SPD in Bayern seit vielen Jahren praktisch in Luft auflöst, jetzt eben nur noch rapider?

In Bayern sind die Sozialdemokraten nur noch fünftstärkste Kraft

Die SPD hat nicht nur Probleme an der Spitze. Dass es der Partei heute so schlecht geht, hat vor allem auch mit ihrer Schwäche in den Ländern zu tun. Das Fundament bröckelt bedrohlich. Etwa 15 Prozent in Umfragen für die SPD im Bund sind bitter. Doch Wahlergebnisse in einzelnen Ländern um die zehn Prozent sind eine Katastrophe.

In Bayern zeigt sich eine regelrechte Entwöhnung von der SPD nach Jahrzehnten in der Opposition. Sie ist nur noch fünftstärkste Kraft hinter CSU, Grünen, den Freien Wählern und der AfD. Erfolgreiche Kommunalpolitiker der Partei wie Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly entziehen sich konsequent der SPD auf Landesebene - sie sind trotz der Bayern-SPD erfolgreich. Deren Chefin Natascha Kohnen hatte ihre Partei im Wahlkampf zudem noch mit der Aura des Exklusiven umgeben und sie damit kleiner gemacht, als sie ohnehin schon ist.

Aber auch im Nachbarland Baden-Württemberg kämpft die SPD - mit sich selbst. Wie sehr sich die Partei ganz ohne Zutun aus Berlin Schaden zufügen kann, zeigte ein wochenlanger Machtkampf. Mit Landeschefin Leni Breymaier kam die Partei nicht aus ihrem Tief, nachdem sie bei der Wahl 2016 große Verluste verzeichnet hatte und aus der Regierung geflogen war.

Von Breymaier, der früheren Gewerkschafterin, ist aus der Zeit des Machtkampfs ein Satz überliefert, der auch beispielhaft für die lähmende Selbstbeschäftigung steht: "Mein Leben sind Gremien. Gremienarbeit bedeutet für mich gute Laune", so zitierte die FAZ sie einmal. Ihr Vize, der Bundestagsabgeordnete Lars Castellucci, forderte sie aus Unzufriedenheit mit der Lage heraus, wollte selbst die Südwest-SPD führen. Die Basis sollte entscheiden. Die Abstimmung, beide lagen in etwa gleich auf, mündete jedoch in neuem Chaos. Am Ende entschied der Parteitag für einen kompletten Neuanfang mit einem Dritten: Landtagsfraktionschef Andreas Stoch setzte sich durch und steht vor der Aufgabe, die Südwest-SPD, die in Umfragen auf nur noch elf Prozent kommt, aufzurichten.

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