Nach wochenlangen Querelen und erheblicher parteiinterner Kritik startet die SPD an diesem Montag mit der Nominierung von Olaf Scholz als Kanzlerkandidat in den Wahlkampf. „Gemeinsam mit Olaf Scholz treten wir ein für die innere, äußere und soziale Sicherheit – ohne Entweder-oder“, erklärte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch am Sonntag. Als Slogan, mit dem die Wählerinnen und Wähler erreicht werden sollen, nannte er: „Wir kämpfen für Dich und Deutschland.“
In der SPD war umstritten gewesen, ob die Partei trotz verheerender Umfragewerte erneut mit dem amtierenden Kanzler Scholz oder stattdessen mit dem beliebten Verteidigungsminister Boris Pistorius in die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 gehen soll. Erst am Donnerstagabend hatte Pistorius in einem Video klargestellt, dass er nicht zur Verfügung steht.
„Es ist euer fucking job, Dynamiken in dieser Partei zu erkennen“, sagt eine Delegierte
Wie groß der Ärger über die Hängepartie in der Partei ist, bekam die Parteiführung am Wochenende während des Juso-Bundeskongresses in Halle zu spüren. „Mir hat an der Stelle wirklich der Plan und auch tatsächlich die Führung der Parteispitze gefehlt“, sagte Juso-Chef Philipp Thürmer. Andere Mitglieder der Parteijugend äußerten sich noch deutlich drastischer. Die Parteiführung habe in der Kandidatenfrage versagt, kritisierten zahlreiche Delegierte. „Warum wart ihr so unvorbereitet auf diese Debatte?“, fragte die Delegierte Nina Gaedike aus Münster. „Es ist euer fucking job, Dynamiken in dieser Partei zu erkennen und dann tatsächlich auch Angebote zu machen.“
Weder Bundeskanzler Olaf Scholz noch der SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil stellten sich in Halle der Kritik. Sie blieben dem Juso-Bundeskongress fern. Selbstkritik äußerte in Halle die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken. „Nein, wir haben kein wirklich gutes Bild abgeben bei der Nominierung des Kanzlerkandidaten“, räumte sie ein und erntete dafür lang anhaltenden Applaus. Sie sei aber froh, dass endlich Klarheit herrsche. Nun müsse die SPD geschlossen in den Wahlkampf ziehen. „Wir alle sind in tiefer Sorge um die Sozialdemokratie“, mahnte sie. Umfragen zufolge muss die SPD bei der Bundestagswahl ein historisch schlechtes Resultat fürchten.
In Teilen der SPD gilt ein Wahlkampf mit Scholz als „Gesicht“ der Kampagne als aussichtslos
Im jüngsten ARD-Deutschlandtrend liegt sie bei 14 Prozent. Nur 20 Prozent der Deutschen sind demnach zufrieden mit der Leistung von Bundeskanzler Scholz. Vor dem endgültigen Verzicht von Pistorius auf eine mögliche Kandidatur waren an der Parteibasis Zweifel geäußert worden, ob eine Mobilisierung für Scholz im Wahlkampf überhaupt möglich ist.
In Teilen der SPD gilt ein Wahlkampf mit Scholz als „Gesicht“ der gescheiterten Ampelkoalition als so gut wie aussichtslos. Generalsekretär Miersch appellierte an die Jusos, „nach vorne zu gucken“. Als Wahlkampfthema nannte er unter anderem die Energiewende. Jede und jeder müsse sich den Umstieg von fossiler Energie leisten können. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass die SPD erneut einer Regierung angehören werde, die nicht die Schuldenbremse reformiere, um nötige Investitionen zu ermöglichen.
In der Kampagne, die die SPD präsentieren will, sollen auch Erfolge der Bundesregierung herausgestrichen werden. Dazu zähle der höhere Mindestlohn, Zuwächse beim Kindergeld, das Deutschlandticket, die Stärkung der Bundeswehr und eine „zeitgemäße Migrationspolitik“.