Süddeutsche Zeitung

SPD: Jusos und Finanzkrise:Deutsche Bank in Steinbrücks Hand

Wirtschaftspolitik à la Franziska Drohsel: Die Chefin der Jungsozialisten will gleich alle Banken verstaatlichen. Das sei das Rezept gegen die Krise.

Thorsten Denkler, Berlin

Es gab dann doch einige Nachfragen, als die quirlige Juso-Chefin Franziska Drohsel am Donnerstag Vormittag gleich zu drei Themenkomplexen ins Willy-Brandt-Haus lud. Da war zum einen ihr neues Buch: "Was ist heute Links?" Dann der Juso-Kongress "Linkswende 09" an diesem Wochenende. Und natürlich ein, zwei Sätze zur Finanzkrise. Die aber sollten es in sich haben.

Die Forderung der Juso-Chefin: Vergesellschaftung des deutschen Bankenwesens. Nachfrage: Zu wie viel Prozent? 30, 40, 50, gar mehr? Antwort: Na ja, des gesamten Systems.

Die Banken gehörten "unter gesellschaftliche Kontrolle", sagt SPD-Politikerin Drohsel. Wohlwissend, dass sie damit in Deutschland eine "absolute Minderheitenposition" einnehme. Aber, die jetzige Krise zeige doch, dass das Bankensystem nicht allein den privaten Kräften überlassen werden dürfte. Dann wäre es doch besser, wenn es der Staat gleich richtig mache. Drohsel: "Wenn Vergesellschaftung, dann richtig."

Ziel, in etwa: Deutsche Bank in Steinbrücks Hand. Wobei: So ganz abwegig ist das nicht. Über den Deal, Teile der staatlichen Postbank an die Deutsche Bank zu verkaufen, ist der Staat jetzt mittelbar größter Aktionär der Deutschen Bank. Und bei der angeschlagenen Hypo Real Estate wird die Frage der Enteignung ernsthaft diskutiert.

Drohsel aber will weg von Einzelfallentscheidungen. Sie will gleich das ganze Bankensystem unter staatliche Vormundschaft geben. Die Marktradikalen hätten abgewirtschaftet, lautet Drohsels Fazit der vergangenen Jahre. Zwar sei Deutschland nach wie vor eine soziale Marktwirtschaft, in der aber über Jahrzehnte eine marktradikale Politik Konjunktur gehabt hätte.

Die eigene Partei will Drohsel da nicht aus der Verantwortung lassen. Rot-Grün jedenfalls haben "keine Politik gemacht, die komplett gegen marktradikale Kräfte gekämpft hätte". Die damalige Analyse, man müssen den Arbeitslosen nur "in den Arsch" treten, dann würden sie schon einen Job finden, "die stimmt einfach nicht".

Dieser Umstand sei es wohl auch, der es der SPD derzeit schwer mache, ihre neuen, richtigen, weil linken Inhalte "glaubwürdig" zu vermitteln, wie Drohsel sagt. Was sich auch daran zeige, dass die SPD nach wie vor im Umfragekeller verharre.

Dass es mit einer Verstaatlichung des deutschen Bankenwesen Konflikte mit dem Grundgesetz geben könnte, sieht Drohsel nicht. Die Artikel 14 und 15, die Enteignungen zulassen unter der Auflage, dass Entschädigungen zu zahlen sind, böten genügend Spielraum. "Diesen Spielraum kann man ja mal nutzen", drohte Drohsel.

Die Aussagen der Juso-Spitzenfrau müssen nicht überraschen. Drohsel ist seit ihrem Amtsantritt dabei den Jugendverband der SPD wieder stramm auf Linkskurs zu bringen. Im Interview mit sueddeutsche.de verlangte sie im Sommer 2008: "Wir müssen den Kapitalismus hinter uns lassen." Mit ihren kapitalismuskritischen Thesen wurde die 28-jährige Nachwuchspolitikerin damals in der Partei noch belächelt. Heute hat die Krisenwirklichkeit auch die SPD eingeholt. Die Frage, "Was ist heute links?" hat auch Parteichef Franz Müntefering zu einem Beitrag in dem gleichnamigen Buch Drohsels bewegt, das am Montag in den Handel kommt.

Münteferingsche Kapitalismuskritik findet sich darin nicht. Dafür ein anderer Satz: "Links ist Pragmatismus", und dann zitiert der SPD-Chef aus dem Hamburger Programm der SPD: "Nicht Systeme sondern Menschen verändern die Verhältnisse".

Franziska Drohsel wird es gelesen haben.

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