SPD im Saarland:Glücklich trotz schlechter Werte

Die Saar-SPD steuert auf ein schwaches Wahlergebnis bei der Landtagswahl zu, könnte aber trotzdem den Ministerpräsidenten stellen.

C. Hickmann

Vielleicht sollte man es für selbstverständlich halten, was der Herr im dunklen Anzug da vorn gerade tut, für recht und billig und von daher nicht weiter erwähnenswert.

SPD im Saarland: Eigentlich war er schon auf die tragische Figur festgelegt: Der saarländische SPD-Politiker Heiko Maas.

Eigentlich war er schon auf die tragische Figur festgelegt: Der saarländische SPD-Politiker Heiko Maas.

(Foto: Foto: AP)

Dass er weder die Unwahrheit sagt, noch die Wahrheit ein kleines bisschen hübscher aussehen lässt oder sich gleich ganz um eine Antwort herumredet, ist allerdings gerade in Wahlkampfzeiten keine Selbstverständlichkeit.

Schon gar nicht, wenn es um das Thema Schule geht: Heiko Maas, von einer Dame aus dem Publikum sehr eindringlich auf die Notwendigkeit von Ganztagsschulen hingewiesen, antwortet, es sei "nicht realistisch", in der nächsten Legislaturperiode flächendeckend Ganztagsschulen anzubieten, weil es dafür im Saarland weder genügend Personal noch genügend Geld gebe. "Das geht ganz einfach faktisch nicht", sagt er, was deutlich souveräner wirkt, als man das hätte erwarten können.

Man muss sich an diesem Abend mehrmals in Erinnerung rufen, dass Heiko Maas, 42, Vorsitzender der Saar-SPD sowie deren Spitzenkandidat für die Landtagswahl Ende August, eigentlich im vergangenen Jahr bereits auf die Rolle der tragischen Figur festgelegt war. Immer wieder lag seine Partei in Umfragen nur äußerst knapp vor der Linkspartei oder gar hinter ihr, was im Westen der Republik bislang als nicht vorstellbar galt.

Hinzu kommt, dass jener Mann, der die 20-plus-X-Werte der Linken erst möglich macht, entscheidenden Anteil an Maas' Karriere hat: Unter Oskar Lafontaine wurde er, damals 30, Staatssekretär im Landesumweltministerium. Da war Lafontaine noch in der SPD und saarländischer Ministerpräsident; nun ist er Linken-Spitzenkandidat und verkündet, er wolle wieder in die Staatskanzlei. Als Hauptgegner hat er sich den CDU-Ministerpräsidenten Peter Müller ausgesucht, seit 1999 im Amt und, was die Fähigkeit zum gelungenen Bierzelt-Auftritt angeht, in einer Liga mit ihm.

Maas also muss etwas tun, und er tut es an Abenden wie diesem in Kirkel, wo er im Bildungszentrum der Arbeitskammer über Bildungspolitik diskutiert. Allein von dieser Sorte Veranstaltung ("Ein Abend mit Heiko Maas") soll es bis zur Wahl 60 geben, eine in jeder Gemeinde; geredet wird jeweils über eines der Schwerpunktthemen aus dem noch nicht verabschiedeten Wahlprogramm: Arbeit, Bildung, neue Energien. Nach Kirkel sind etwa 60 Leute gekommen, alle Stühle sind besetzt, doch es dürfte noch einen anderen Grund haben, dass Maas dort einen entspannten Eindruck macht.

Es ist die Stimmung in seiner Partei. Mindestens freudig erregt, so wirken Vertreter der saarländischen Sozialdemokratie dieser Tage, was eine geradezu irrwitzige Diskrepanz ergibt zu Umfragewerten von höchstens 25 Prozent. Gegen die wirken selbst jene 30,8 Prozent verlockend, die Maas 2004 als Spitzenkandidat einfuhr und die eine Niederlage historischen Ausmaßes bedeuteten.

Nicht auf den eigenen Werten aber beruhen in diesem Jahr die Hoffnungen der SPD, sondern auf der Tatsache, dass ein Regierungswechsel nicht unrealistisch ist - wobei die jüngste Umfrage Ende Oktober veröffentlicht wurde. Man könnte die Saar-SPD insofern als traurigen Vorreiter einer Bundespartei sehen, die womöglich dereinst ihre Wahlaussichten berechnet, indem sie zu den eigenen Umfragewerten automatisch die der Linkspartei addiert. Die Saar-Linke allerdings ist wegen des Lafontaine-Faktors weder von der Wähler-, noch von der Mitgliederstruktur her mit anderen westlichen Landesverbänden vergleichbar.

Es gibt weitere Gründe für die seltsam gute SPD-Stimmung. Neben der Tatsache, dass mit der jüngsten Umfrage auch die jüngste Demütigung fünf Monate zurückliegt, ist da der Bundestrend. Bislang hat die Linke nicht von der Krise profitiert; hinzu kommt, dass Lafontaine sich derzeit im Saarland ruhig verhält. Vom Umfrage- und Stimmungstief des vergangenen Jahres aus kann es zudem eigentlich nur aufwärts gehen - und schließlich könnte ausgerechnet die SPD am Ende die Wahl haben zwischen einer großen Koalition (dort wohl als Juniorpartner) und einem rot-roten Bündnis.

Um sich diese zweite Option zu erhalten, sollte sie am Wahlabend unbedingt vor der Linkspartei liegen. Abgesehen davon, dass alles andere ein verheerendes Signal wäre, gibt es die klare Beschlusslage, keinesfalls Lafontaine zum Ministerpräsidenten zu wählen. Der wiederum stichelt zurück, die Linke werde Maas nicht wählen, sollte die SPD bei ihrer Aussage bleiben. Deren Spitzenvertreter allerdings, so sieht es zumindest aus, denken derzeit ohnehin erst einmal bis zum Tag X, genauer: bis zum 30. August.

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