Hamburgs alter und wohl auch neuer Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) fasst die Koalitionsverhandlungen in der Hansestadt am Donnerstagmittag mit einem kurzen Satz zusammen: „Wir haben spektakulär unspektakulär spektakuläre Dinge umgesetzt.“
Knapp acht Wochen nach der Bürgerschaftswahl am 2. März haben sich SPD und Grüne auf die Fortsetzung ihrer Koalition geeinigt und das Ergebnis der Verhandlungen auf einer Pressekonferenz vorgestellt. Der 148 Seiten umfassende Koalitionsvertrag ist überschrieben mit: „Hamburg vereint – mit Herz und Verstand“. Der Titel ist dabei die Verschmelzung der Wahlkampfslogans von Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und der Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne).
Tschentschers Erfolgsrezept: keine Überraschungen, keine Streitereien
Eine Sache ist Tschentscher am wichtigsten. Diese schickte der Mann, der seit 2018 regiert, zu Beginn seiner Erklärung vorneweg. Mit dem Regierungsprogramm wolle man den Menschen in Hamburg „soziale, wirtschaftliche und politische Sicherheit in unsicheren Zeiten geben“. Es ist, wenn man so will, auch einer der Gründe für Tschentschers hohe Zustimmungswerte in den vergangenen zehn Jahren: politische Stabilität, keine Überraschungen, keine öffentlich ausgetragenen Streitereien zwischen den Koalitionspartnern. „Wir wissen nicht, was auf uns in Deutschland, auf uns in Europa, auf uns in Hamburg noch zukommt“, sagte Tschentscher ernst. Niemandem muss man in diesen Zeiten erklären, was der 59-Jährige damit meint.
Tschentscher hatte früh zu verstehen gegeben, dass seine Präferenz auf einer Fortsetzung der bisherigen rot-grünen Senatsarbeit liegt. Bei der Wahl war die SPD erneut stärkste Kraft geworden, die CDU hatte die Grünen auf Platz drei verdrängt. Daher wäre auch eine rot-schwarze Regierung möglich gewesen. Aber Tschentscher weiß sehr genau um die hohen Zustimmungswerte aus der Bevölkerung für die bisherige Arbeit des rot-grünen Senats. Er sprach von der Fortsetzung „eines in Deutschland beispiellosen Erfolgskurses“.
Auch Katharina Fegebank lobte die Verhandlungsatmosphäre der vergangenen Wochen: „Gutes Regieren beginnt mit Stil, und wir haben verhandelt, wie wir regieren wollen: vertrauensvoll, seriös und erfolgreich.“ Der Koalitionsvertrag „atmet den Geist von Optimismus“.
„Ich will Klimaschutz wieder sexy machen“, sagt Fegebank
Nach zehn Jahren als Wissenschaftssenatorin kündigte Fegebank an, künftig Umweltsenatorin werden zu wollen. Das Klimathema sei „leider unter die Räder gekommen“, sagte Fegebank, „ich will Klimaschutz wieder sexy machen“.
Ihre Nachfolgerin soll die Grünen-Landesvorsitzende Maryam Blumenthal werden. Diese beschreibt das Verhältnis zwischen SPD und Grünen in Hamburg so: „Wie zwischen Geschwistern, die sich um das letzte Kuchenstück streiten, aber am Ende ist dann alles gut.“ Bei den SPD-Senatsposten soll es personell keine Veränderungen geben, nur der Zuschnitt in einigen Behörden wird sich leicht verändern. In den nächsten Tagen müssen die Landesparteitage von SPD und Grünen den Plänen noch zustimmen.
Laut Fegebank will Hamburg künftig noch mehr für den Gewaltschutz tun: Die Maßnahmen zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt und Femiziden sollen ausgebaut werden. „Hamburg soll zum Safe Space werden“, betonte Fegebank. Es ist einer der Lieblingssätze der Politikerin, schon im Bürgerschaftswahlkampf stand er auf ihren Plakaten.
An den beiden für Hamburg wichtigsten und drängendsten Themen – Verkehr und Wohnungsbau – will die alte und neue Koalition direkt weiterarbeiten: Tschentscher kündigte einen „Masterplan Parkplätze“ an und will jedes Jahr Baugenehmigungen für 10 000 Wohnungen forcieren. Verkehrssenator Anjes Tjarks ergänzte, dass 13 neue Elbbrücken gebaut werden müssten, und erinnerte an Deutschlands größtes U-Bahn-Projekt, für das 16 Milliarden Euro vorgesehen sind: Bis 2040 soll die Linie 5 auf einer Strecke von 25 Kilometern realisiert werden.