SPD:Gemischte Gefühle

Social Democratic Party leadership team address media after first exit polls at the party's headquarters in Berlin

"Haltung gezeigt": Die SPD-Vizes Manuela Schwesig, Thorsten Schäfer-Gümbel, Malu Dreyer (von links).

(Foto: Fabrizio Bensch/Reuters)

Ein Sieg, ein Flop - warum sich die Sozialdemokraten nicht so richtig freuen können und die Verluste vor allem Olaf Scholz schaden, der für den Parteivorsitz kandidiert und weiterhin auf die große Koalition setzt.

Von Mike Szymanski

Wie seltsam abseits die Bundespartei in diesen schwierigen Stunden wirkt: In Brandenburg hat es Spitzenkandidat Dietmar Woidke zwar noch einmal geschafft, die AfD abzuhängen. Aber die Rechtspopulisten sind stark geworden mit deutlich mehr als 20 Prozent. In Sachsen? Da bleibt nicht viel übrig von der SPD. Sie ist nun einstellig im Ergebnis. Thorsten Schäfer-Gümbel, einer von drei kommissarischen SPD-Chefs sagt, dieser Abend löse "gemischte Gefühle" in ihm aus. Was soll er auch sagen? Ein Sieg, über den man sich nicht richtig freuen kann. Eine Niederlage, die Angst macht.

Die SPD im Bund steht quasi unter Notverwaltung mit ihren drei kommissarischen Vorsitzenden, den Vizes Thorsten Schäfer-Gümbel, Malu Dreyer und Manuela Schwesig. Sie simulieren trotzdem Normalität. Die Chefs gehen zu den Treffen der Koalitionsspitzen. Sie bereiten Beschlusspapiere vor. Sie erklären Ergebnisse bei Landtagswahlen wie diese - zu dritt.

Schäfer-Gümbel sagt: Woidke und seine Leute hätten gezeigt, dass es sich lohnt, "bis zum Schluss zu kämpfen". Der Vorsprung zur AfD - ein Erfolg. Sie hätten "Haltung gezeigt". Dreyer meint, die Themen hätten gestimmt, die Idee zur Vermögensbesteuerung, der Soli-Abbau. So müsse es weitergehen. Schwesig, Regierungschefin in Mecklenburg-Vorpommern, sagt, ostdeutsche Interessen müssten stärker wahrgenommen werden. Auf AfD-Wähler müsse die SPD zugehen. Mit der Partei werde es keine Zusammenarbeit geben.

Die Spitzenkandidaten Woidke in Brandenburg und Martin Dulig in Sachsen bekommen jetzt jede Menge Zuspruch. Aber sie waren am Ende auch ganz auf sich allein gestellt. Obwohl der Übergangsführung im Willy-Brandt-Haus klar war, welches Risiko sie mit Blick auf die Landtagswahlen im Osten eingeht, entschied sie sich für ein monatelanges Verfahren zur Kandidatensuche. Allein die Bewerbungsfrist lief bis zum Wahltag am Sonntag. Volle zwei Monate, ohne dass klarer wurde, wo die Partei hinsteuert. Die Mitglieder sollen demnächst befragt werden. In solchen Zeiten als Wahlkämpfer eine Antwort auf die Frage zu geben, wozu es die Sozialdemokratie noch brauche, falle schwer, berichtet einer aus Sachsen, der sich Tag für Tag den Bürgern stellen musste.

Die kommissarische Spitze muss sich allenfalls das verkorkste Verfahren vorwerfen lassen. Gut möglich, dass Schäfer-Gümbel, Dreyer und Schwesig in den nächsten Tagen dafür noch mal Kritik aus der Partei zu hören bekommen. Als Übergangschefs tragen sie aber nicht die Gesamtverantwortung für den beklagenswerten Zustand der Partei. Und ohne den Erfolg von Woidke in Brandenburg wäre dieser Tag noch viel bitterer. Im Willy-Brandt-Haus lässt sich diesmal niemand so leicht zum Sündenbock machen. Aber die Verluste legen offen, vor welch gewaltigen Aufgaben die Neuen an der Spitze stehen werden. In Sachsen etwa hat sich gezeigt, wie verkümmert die Parteistrukturen dort mittlerweile sind.

Im anstehenden Wahlkampf um den Parteivorsitz dürften die Ergebnisse vom Wahlsonntag vor allem Olaf Scholz zu schaffen machen. Der Vizekanzler und Finanzminister tritt - nachdem er erst nicht wollte - doch an. Mit der brandenburgischen Landespolitikerin Klara Geywitz will er die SPD führen. Scholz steht für die große Koalition. Er will die Arbeit im Bündnis ordentlich zu Ende führen. Er vertritt das Groko-Lager. Aber die Widerstände gegen das Bündnis sind gewachsen. Und dieser Wahlsonntag dürfte die Kritiker in ihrer Ansicht bestärken, dass jeder weitere Tag, jede weitere Woche als Teil der Groko der SPD nur schadet.

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