Süddeutsche Zeitung

SPD:Gabriels Vorschlag ist Klamauk, sonst nichts

Warum es keinen SPD-Mitgliederentscheid über die Kanzlerkandidatur 2017 geben wird - auch wenn der Parteichef noch fünfmal dafür wirbt.

Kommentar von Christoph Hickmann

Was die SPD betrifft, sollte man grundsätzlich nichts ausschließen und keine allzu langfristigen Prognosen treffen. Die SPD ist, zumal in ihrem derzeitigen Zustand, eine äußerst launische Partei und daher immer wieder in der Lage, auch Kenner des sozialdemokratischen Innenlebens zu überraschen. Auf eine Aussage allerdings kann man sich einigermaßen gefahrlos festlegen: Einen Mitgliederentscheid über die Kanzlerkandidatur 2017, wie ihn Parteichef Sigmar Gabriel nun zum x-ten mal vorgeschlagen hat, wird es nicht geben.

Dafür müsste es ja mindestens einen ernsthaften Bewerber geben, der gegen Gabriel anträte - denn der wäre, so lange er Vorsitzender ist, qua Amt dabei. In Frage käme etwa Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz - aber der weiß erstens, wie schlecht die Aussichten der SPD für die Wahl 2017 stehen - und ist sich zweitens der Tatsache bewusst, dass er gegen den begnadeten Wahlkämpfer Gabriel womöglich gar verlieren würde.

Die Idee passt hinten und vorne nicht

Immer wieder genannt wird außerdem der Name Martin Schulz. Doch der Präsident des Europäischen Parlaments ist einer der wenigen Freunde, die der SPD-Vorsitzende in seiner Partei noch hat. Schulz würde niemals Gabriel herausfordern. Und was ist mit Arbeitsministerin Andrea Nahles, die als wichtige Figur für die Zeit nach 2017 gilt und mit Gabriel nicht gerade freundschaftlich verbunden ist? Nahles ist jung genug, um sich nicht selbst in einer solchen Aktion zu verbrennen.

Und wie sollte das eigentlich aussehen? The winner takes it all - der Sieger, sofern er nicht Gabriel heißt, wird auch Parteivorsitzender? Oder Gabriel bleibt Chef, und der Sieger des Mitgliederentscheids darf unter ihm als Kanzlerkandidat durch die Lande rennen? Nein, diese Idee passt hinten und vorn nicht.

Aber was wäre, wenn Gabriel sich zurückzöge? Dann hätte die SPD wahrlich anderes zu tun, als eine aufwendige Kandidatenwahl zu organisieren.

Wie man es auch dreht und wendet - mehr als Klamauk ist hinter der ganzen Sache nicht zu erkennen. Warum Gabriel trotzdem immer wieder davon anfängt? Vielleicht um einer Kandidatur zu entgehen, die er eigentlich nicht will. Vielleicht um auf die Schwäche seiner möglichen Kontrahenten aufmerksam machen. Vielleicht muss man aber auch nicht jedes Mal versuchen, die SPD und ihren Vorsitzenden zu verstehen.

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