SPD-Frauen für Steinbrück:Männer sichern sich Posten, Frauen schauen zu

SPD-Frauen

Manuela Schwesig Arbeitsministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, und Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen (v.l., alle SPD) vor der Pressekonferenz in Berlin

(Foto: dpa)

Drei wichtige SPD-Frauen behaupten, dass ein Mann bessere Frauenpolitik machen wird als die erste Frau im Kanzlersessel. Die SPD-Männer teilen unterdessen womöglich schon die Posten für eine neue große Koalition unter sich auf.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Da sitzen drei Frauen hinter dem langen Pult im großen Saal der Bundespressekonferenz. Und sie sind zusammengekommen, um unter dem Titel "Frauen für Frauen" dafür zu werben, dass Frauen am 22. September zur Wahl gehen. Wäre nicht klar, wer da sitzt - jemand könnte durchaus auf die Idee kommen, sie würden für Angela Merkel werben, damit diese als erste Kanzlerin Deutschlands weiter im Amt bleibt.

Doch weit gefehlt. Denn da sitzen drei Frauen, die lieber einen Mann im Kanzleramt sehen wollen, damit der was für die Frauen tut. Weil nämlich Merkel für die Frauen gar nichts getan habe.

Diese Frauen werben für Steinbrück: Die beiden SPD-Vizechefinnen Manuela Schwesig, Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern, und Hannelore Kraft, Ministerpräsidenten in Nordrhein-Westfalen. Und Krafts Amtskollegin aus Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer.

Merkel habe Deutschland in der Frauenpolitik nicht ein Stück vorangebracht, finden die drei. Frauen seien heute deutlich häufiger prekär beschäftigt als Männer, Chancengleichheit Fehlanzeige. Frauen hätten schlechtere Aufstiegschancen als Männer. Die viel beschworene Decke aus Glas, gegen die Frauen stießen, wenn sie nach oben wollten, sei heute aus "Panzerglas", sagt Kraft.

Darum soll jetzt ein Mann ran, der das regelt: Peer Steinbrück. Der Mann, dem in Deutschland Frauen eher nicht so sehr vertrauen. Nach dem Kanzlerduell hatte jedenfalls eher Merkel die Frauen überzeugt und Steinbrück die Männer. Und das liegt wohl vor allem an seiner aggressiven Art.

Dennoch hoffen Dreyer, Kraft und Schwesig, dass Steinbrück ihre Themen voranbringt. Gleiche Bezahlung für Frauen, bessere und mehr Kinderbetreuung, ein Recht auf Ganztagsbetreuung in Schule und Kita, kostenfreie Kindergärten, Abschaffung des Ehegattensplittings, eine Frauenquote für Führungspositionen. Sie spulen das Wahlprogramm der SPD herunter.

Mehr Frauen in Führungspositionen, da könnte die SPD auch bei sich selbst anfangen. Alle bisherigen Kanzlerkandidaten der SPD waren Männer und obwohl die SPD ihre Parteivorsitzenden in den vergangen 20 Jahren gewechselt hat, wie andere ihre Unterwäsche - eine Frau hat es noch nicht an die Spitze geschafft.

Die erste weibliche Ministerpräsidentin haben die Sozialdemokraten mit Heide Simonis in Schleswig-Holstein zwar gestellt. Die CDU aber konterte mit Kanzlerin und Parteichefin Merkel. Derzeit sind unter den deutschen Ministerpräsidenten vier Frauen, zwei von der SPD und zwei von der CDU.

Schwesig, Kraft und Dreyer scheint das nicht zu interessieren. Mehr noch: In ihren Augen entspräche es einer männlichen Logik, nur auf Ämter zu schielen. "Männer denken, sie müssen an eine Machtposition kommen. Frauen verändern, indem sie Inhalte verändern", sagt Kraft.

Mag sein. Nur machen die Männer in der SPD gerade wieder alles unter sich aus. Die Welt schreibt, die Planungen in der SPD für eine große Koalition liefen schon. Dafür gibt es zwar keine Belege. Aber plausibel ist die Vermutung schon, dass Sigmar Gabriel sich gerne nach der Wahl in den Ämtern des Parteivorsitzenden, Vizekanzlers und eines wichtigen Ministers sähe. Und dass Frank-Walter Steinmeier nichts dagegen hätte, auch in einer großen Koalition die Fraktion zu führen, ist hinlänglich bekannt.

Mit Klaus Wiesehügel hat sogar schon ein Mitglied des Kompetenzteams von Peer Steinbrück klargemacht, dass er Minister werden will. Egal ob unter einem Kanzler Steinbrück oder unter Merkel. Die Männer versuchen, sich Posten zu sichern, die Frauen in der SPD schauen wieder zu.

Will denn Manuela Schwesig nicht vielleicht doch auch Familienministerin werden, wenn es - was nicht unwahrscheinlich ist - zu einer Neuauflage einer großen Koalition kommt? Schwesig weicht aus. Sie beteilige sich nicht an Personalspekulationen, sagt sie. Und alle drei versichern: "Wir glauben an einen Sieg von Rot-Grün." Na ja, manche Menschen glauben auch an Wunder.

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