Süddeutsche Zeitung

SPD:Esken und Walter-Borjans starten mit bedrohlicher Finanzlage

  • Die finanzielle Lage der SPD ist nach Ansicht des Schatzmeisters bedrohlich. Die Ausgaben entsprächen nicht mehr den immer kleiner werdenden Einnahmen.
  • Eigentlich sollten auf dem Parteitag Sparmaßnahmen beschlossen werden, doch die neuen Parteichefs wichen davon teilweise ab.
  • So fiel die geplante Verkleinerung des Führungsgremiums nicht so drastisch aus, um eine Kampfabstimmung zwischen Kevin Kühnert und Hubertus Heil zu verhindern.

Von Mike Szymanski, Berlin

Die neuen SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans werden bei ihrer angekündigten Erneuerung der Partei finanziell nur begrenzten Handlungsspielraum haben. Schatzmeister Dietmar Nietan hat auf dem Parteitag der Sozialdemokraten in Berlin in eindringlichen Worten vor der schwierigen Finanzlage der Partei gewarnt. Der neuen Parteiführung hielt er vor, mit ersten Vorschlägen bereits den vor Jahren eingeschlagenen Konsolidierungskurs zu verlassen.

Laut Finanzbericht des Schatzmeisters sind die finanziellen Spielräume heute in einer Art bedroht, wie er sich das seit seinem Amtsantritt 2014 "nicht habe vorstellen können". Seit der Bundestagswahl 1998 habe die SPD 10,6 Millionen ihrer damaligen Wählerstimmen (minus 53 Prozent) sowie 312 000 ihrer Mitglieder verloren (minus 41 Prozent). Vor den Mitgliedern erklärte er, die Partei könne sich nicht länger den Apparat einer 40-Prozent-Partei mit den Einnahmen einer 20-Prozent-Partei leisten. Hinzu kommt, so ist es im Bericht vermerkt, dass die "vielen außerordentlichen Parteitage, Mitgliedervoten, Debattencamps und Regionalkonferenzen in den letzten zweieinhalb Jahren mehrere Millionen Euro gekostet" haben.

Besonders eine Passage könnte die Parteichefs alarmieren

Die staatlichen Zuschüsse, neben Mitgliedsbeiträgen die wichtigste Einnahmequelle, bemessen sich unter anderem am Wahlerfolg. Niederlagen wie jene bei der Europawahl in diesem Jahr dürften die Finanzlage in nächster Zeit noch verschärfen. Besonders eine Passage im Finanzbericht könnte Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken nervös machen: "Aufgrund der finanziellen Situation wird das Budget für die anstehende Bundestagswahl in 2021 deutlich geringer ausfallen müssen." Für die Bundestagswahl 2017 hatte die SPD noch etwa 27,5 Millionen Euro ausgeben können.

Der Parteitag in Berlin sollte dazu beitragen, die Kosten weiter zu senken. Unter alter Führung war noch eine große Organisationsreform erarbeitet worden: Unter anderem sollen Führungsgremien und der Parteitag verkleinert werden. Davon wich der Parteitag jedoch ab, teilweise auf Wunsch der neuen Vorsitzenden. Geplant war etwa, die Zahl der stellvertretenden Vorsitzenden von sechs auf drei zu reduzieren. Weil Esken und Walter-Borjans allerdings eine Kampfkandidatur zwischen Juso-Chef Kevin Kühnert und Arbeitsminister Hubertus Heil verhindern wollten, wurde dieser Plan aufgeweicht - nun sind es fünf Stellvertreter, die bislang jeweils mit Räumen und Personal unterstützt wurden. Die geplante Verkleinerung des Parteitags, von 600 auf 450 Delegierte, war auch nicht mehr zu halten.

Aus Sicht der Schatzmeisters stellt das die Partei vor neue Probleme. Die Vorschläge seien nicht "irgendwelche Ideen" gewesen, um Leute "knechten zu wollen", sondern Teil des Konsolidierungskurses. Nun müsse an anderer Stelle gespart werden, allerdings nicht auf Kosten des Personals. Beschlüsse, die "über den Konsolidierungsrahmen" hinausgingen, werde er nicht über "Kürzungen bei den Mitarbeitern reinholen". Mit knapp 85 Prozent der Stimmen wurde Nietan vom Parteitag in seinem Amt bestätigt.

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