Debatte über Entlastungen:SPD will großes Hilfspaket

Ein Rentner fährt am Freitag (09.07.2021) mit seinem Rollator durch das Zentrum der Stadt Pasewalk (Landkreis Vorpommern

Die Pläne für das nächste Entlastungspaket nehmen Form an, unter anderem Rentner sollen nun entlastet werden.

(Foto: imago images/BildFunkMV)

Als Reaktion auf rasante Preissteigerungen soll die Ampelkoalition nach dem Willen der Bundestagsfraktion weitere Direkthilfen auszahlen und den Zugriff auf die Gasumlage "neu justieren".

Von Mike Szymanski

In der SPD nehmen die Pläne für ein drittes Entlastungspaket konkrete Formen an. Die Bundestagsfraktion unter ihrem Vorsitzenden Rolf Mützenich arbeitet an einem Maßnahmenpaket, das vor allem Haushalte mit geringen Einkünften vor den Folgen steigender Energiepreise schützen und den Ausbau erneuerbarer Energien als Alternative zum russischen Gas so schnell wie möglich vorantreiben soll. Es sieht unter anderem weitere Direktzahlungen, ein Nachfolgeangebot für das Neun-Euro-Ticket sowie Schutzklauseln für in finanzielle Not geratene Bürger und Firmen vor.

Am Dienstag und Mittwoch dieser Woche kommen die Ampelpartner SPD, Grüne und FDP zur Kabinettsklausur im brandenburgischen Meseberg zusammen. Bei dem Treffen dürften bereits erste Schritte für ein nächstes Entlastungspaket diskutiert werden. Rasant steigende Preise für Gas und Strom haben die Regierung unter enormen Handlungsdruck gesetzt.

"Die Krise gemeinsam und solidarisch meistern" - unter diesem Titel hat die Fraktionsführung am Sonntag ein Beschlusspapier eigentlich für die Klausur der Parlamentarier Ende der Woche in Dresden auf den Weg gebracht. Nun bringen die Sozialdemokraten ihre Ideen früher in die Debatte ein. "Mir ist wichtig, dass wir als Fraktion mit einem Gesamtkonzept agieren. Deswegen sind wir über die Sommerpause nicht mit einzelnen Vorschlägen an die Öffentlichkeit gegangen, sondern haben sorgfältig an diesem Papier gearbeitet, um es bei unserer Klausur als Ganzes präsentieren zu können", sagte Mützenich der Süddeutschen Zeitung.

"Der Einsatz von Energiepolitik als Waffe bedroht unseren Wohlstand und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft", heißt es in dem Entwurfspapier. Es müsse alles dafür getan werden, "die europäische Friedens- und Sicherheitsordnung und unseren Sozialstaat" zu verteidigen.

Die Sozialdemokraten wollen den Bürgern wie schon mit der Energiepauschale in Höhe von 300 Euro abermals mit Direktzahlungen unter die Arme greifen. Dieses Mal jedoch sollen die Zahlungen auf Bezieher mittlerer und unterer Einkommen, auf Rentnerinnen und Rentner, Arbeitslosengeldempfänger, Studierende und Auszubildende beschränkt werden. Über die Höhe der Zahlung und wie der Empfängerkreis genau definiert werden soll, macht das Papier keine Angaben. Rentner waren vom bisherigen Energiegeld ausgenommen worden, was zu heftiger Kritik an der Regierung geführt hatte. Für eine gezielte, ans Einkommen gekoppelte Auszahlung erwartet man in der SPD "schnellstmöglich" einen Vorschlag von Finanzminister Christian Lindner (FDP).

Abhängig von der weiteren Versorgungslage und der ökonomischen Situation will die SPD über eine "Strom- und Gaspreisbremse" diskutieren. Dabei soll für einen gewissen Grundbedarf, der noch definiert werden müsse, der Preisanstieg gedämpft werden. Zusätzlich soll es Härtefall-Regelungen geben. Mieterinnen und Mieter soll nicht gekündigt werden dürfen, wenn sie ihre Nebenkosten nicht bezahlen können. "Daher wollen wir Kündigungen von Mietverhältnissen wegen nicht geleisteter Betriebskostennachzahlungen für die Abrechnungsperioden 2021 und 2022 jeweils für sechs Monate ab Abrechnung der Kosten ausschließen." Das Wohngeld soll reformiert werden und dauerhaft Heizkosten berücksichtigen.

Geht es nach der SPD-Fraktion, kommt auch ein Nachfolger für das Neun-Euro-Ticket. "Wir wollen in Zusammenarbeit mit den Ländern ein bundesweit gültiges ÖPNV-Ticket mit einem monatlichen Preis von 49 Euro einführen, das von Bund und Ländern jeweils zu 50 Prozent getragen wird."

Auch Unternehmen nimmt die SPD in den Blick. Für kommunale Energieversorger, die derzeit zu horrenden Preisen Strom und Gas einkaufen müssen, wollen die SPD-Parlamentarier einen "Schutzschirm" aufspannen, Insolvenzen sollen dadurch verhindern werden. Die Gasumlage von 2,4 Cent, die Gaskunden von Oktober an zahlen sollen, müsse neu justiert werden, damit nicht auch Unternehmen davon profitierten, die Gewinne machten. "Wir erwarten von Unternehmen, die Milliardengewinne machen und nicht durch Insolvenz bedroht sind, dass sie keine Anträge einreichen." Solche Anträge dürften auch keinen Erfolg haben. Zudem müsse geregelt werden, dass Unternehmen, die Anträge stellten, "keine Dividenden ausschütten und Boni ausschütten". Bevor auf Verbraucher neue Belastungen zukämen, müsse der Staat kriselnde Firmen stützen.

Daneben wollen die Sozialdemokraten Anreize zum Energiesparen setzen und den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen. Aus bestehenden Anlagen soll das technisch Machbare herausgeholt werden, entsprechende Genehmigungen müssten schnellstmöglich erteilt werden, Anlagen sofort ans Netz. Sollten die drei verbliebenen Atomkraftwerke im sogenannten Streckbetrieb über 2022 hinaus in Betrieb bleiben, "müssten bestehende Sicherheitsstandards gelten", heißt es im Papier.

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