SPD-Chef zur Kandidaten-Debatte:Gabriel traut sich Kanzlerkandidatur zu

Zwei lange Jahre sind es noch bis zur Bundestagswahl, doch seit Monaten ist klar, dass Peer Steinbrück in der SPD die besten Chancen auf die Kanzlerkandidatur hat. Jetzt meldet sich der Parteichef Gabriel bei "Spiegel Online" zu Wort - und müht sich nach Kräften: Er will dem Eindruck entgegenwirken, die Kandidatur laufe automatisch auf den Ex-Finanzminster hinaus.

Peer Steinbrück gilt als Favorit, doch für Sigmar Gabriel ist die Kanzlerkandidatur des ehemaligen Finanzminister offenbar noch nicht ausgemacht. Der SPD-Vorsitzende würde sich jedenfalls auch selbst die Kandidatur zutrauen.

SPD leader Gabriel speaks during debate about European stabilisation mechanism in Bundestag in Berlin

"Na klar", sagt Sigmar Gabriel auf die Frage, ob es mehr als einen SPD-Kanzlerkandidaten geben könnte.

(Foto: REUTERS)

"Wer sich den Job des Kanzlerkandidaten und Kanzlers nicht zutraut, braucht nicht an die Spitze einer großen Partei zu gehen", sagte Gabriel im Interview mit Spiegel Online. "Ob man es aber am Ende macht, oder ob man zu dem Schluss kommt, dass jemand anders besser geeignet ist - das muss man souverän entscheiden. Wer diese Souveränität nicht hat, sollte die Finger vom Parteivorsitz lassen."

Die Sozialdemokraten wollen Ende 2012, Anfang 2013 ihren Kanzlerkandidaten bestimmen. Gabriel bemühte sich, dem Eindruck entgegenzuwirken, die Kanzlerkandidatur laufe automatisch auf Steinbrück hinaus. Auf die Frage, ob er es überhaupt noch für möglich halte, dass es mehr als einen Kandidaten gäbe, sagte Gabriel: "Na klar."

Der Parteichef ließ zudem eine Präferenz dafür erkennen, den Kanzlerkandidaten per Urwahl zu bestimmen. Diese Idee habe er "überhaupt nicht" beerdigt, betonte Gabriel. "Ich werde einen Verfahrensvorschlag und einen Personalvorschlag machen. Natürlich wird es eine Urwahl geben, wenn es mehr als einen Kandidaten gibt. Dann entscheiden unsere Mitglieder." Eine Spaltung seiner Partei befürchte er in diesem Fall nicht. "Im Gegenteil. Die Erfahrungen damit - zum Beispiel in Schleswig-Holstein - zeigen, dass solche Mitgliederentscheidungen ungeheuer mobilisierend wirken", sagte Gabriel.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte Gabriel davor, die Bundestagsabstimmung über die Euro-Rettung mit der Vertrauensfrage zu verknüpfen. "Sollte Merkel die Euro-Abstimmung mit der Vertrauensfrage verbinden, werden wir nicht zustimmen", sagte Gabriel Spiegel Online. "Wir können nicht Frau Merkel für das Chaos, das sie angerichtet hat, noch belohnen. Alles, was sie jetzt vorschlägt, hat sie über rund eineinhalb Jahre strikt verweigert." Dies habe sämtliche Rettungsversuche teurer werden lassen. Zugleich betonte Gabriel aber, die eigentliche Reform des Euro-Rettungsschirms im Bundestag mittragen zu wollen.

Scharf kritisierte Gabriel auch die Pläne von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) für eine Zuschussrente zur Minderung von Altersarmut. "Frau von der Leyen bereitet gerade eine echte Rentenlüge vor", sagte Gabriel. Die Ministerin sei "blind und ignorant gegenüber den Ursachen der Altersarmut", meinte er. "Altersarmut entsteht durch Armut im Arbeitsleben. Ohne einen gesetzlichen Mindestlohn und eine anständige Bezahlung von Leih- und Zeitarbeitern muss man sich nicht wundern, wenn die Menschen am Ende ihres Lebens noch zusätzliche Unterstützung brauchen."

Es sei ein Skandal, dass viele Menschen trotz Arbeit arm sind. "Daran will Frau von der Leyen nichts ändern. Sie produziert die Altersarmut selbst, von der sie vorgibt, sie mindern zu wollen."

Von der Leyen will die Mini-Renten von Geringverdienern auf 850 Euro aufstocken. Betroffene, die in den Genuss des Zuschusses kommen wollen, müssen diverse Bedingungen erfüllen, unter anderem jahrzehntelang Rentenbeiträge bezahlt haben.

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