Die CDU kritisiert die Drohung von SPD-Generalsekretär Matthias Miersch, den Mindestlohn gesetzlich durch die Politik festlegen zu lassen, falls die zuständige Kommission keine Anhebung auf 15 Euro empfehlen sollte. Der Vorsitzende des Arbeitnehmerflügels der CDU, Dennis Radtke, sagte der Süddeutschen Zeitung: „Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass ein SPD-Generalsekretär sowohl die Geschäftsordnung der Mindestlohnkommission wie auch den Koalitionsvertrag lesen und verstehen kann.“ Es sei „offenkundig, dass die Kommission selbst die 15-Euro-Schwelle knacken wird“.
Er würde sich „eine ähnliche Leidenschaft für politische Eingriffe bei der SPD wünschen, wenn es um die Frage geht, wie vom Mindestlohn endlich mehr netto bei den Beschäftigten in der Tasche bleibt“, sagte Radtke, der auch Europaabgeordneter ist und im CDU-Bundesvorstand sitzt.
Der Vorstoß ist auch Ausdruck einer gewissen Nervosität in der SPD
Der Wirtschaftsflügel der CDU teilte der SZ mit: „Die Formulierung im Koalitionsvertrag spricht für sich“, dem habe man „nichts hinzuzufügen“. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht: „An einer starken und unabhängigen Mindestlohnkommission halten wir fest.“ Für die weitere Entwicklung des Mindestlohns werde „sich die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren“. Auf diesem Weg sei „ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar“.
Die Einlassung von SPD-Generalsekretärs Miersch zum Mindestlohn ist auch Ausdruck einer gewissen Nervosität in der SPD. Zwar geht man weiter von einer Zustimmung der Mitglieder zum Koalitionsvertrag mit der Union aus. Aber bei den Basisveranstaltungen ist es derzeit fast immer ein Thema, warum die Parteiführung einen von derzeit 12,82 Euro auf 15 Euro steigenden Mindestlohn verspreche, dies der Koalitionsvertrag aber so gar nicht hergebe.
Eigentlich sollte es nicht noch einmal zu einer politischen Festlegung kommen
Daher droht Miersch nun mit einer politischen Festlegung, obwohl dies nach der zum 1. Oktober 2022 erfolgten Festlegung auf zwölf Euro nicht noch einmal passieren sollte. „Ich gehe davon aus, dass diese Kommission tatsächlich zu diesem Ergebnis (von 15 Euro) kommt“, sagte Miersch im Podcast „Table.Briefings“. Und ergänzte drohend: „Aber wir haben auch in anderen Fällen schon bewiesen, dass wir, wenn diese Kommission beispielsweise nicht dementsprechend handelt, dass wir dann gesetzgeberisch tätig werden können.“

Bisher ist es so, dass die Kommission von den im Koalitionsvertrag genannten Kriterien abweichen kann, wenn besondere Umstände vorliegen. Aus Sicht der Wirtschaft ist angesichts der Wachstumsschwäche, verschärft durch die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump, eine so starke Erhöhung ein Problem.
Die Mindestlohnkommission hat zuletzt am 26. Juni 2023 eine Erhöhung des Mindestlohns ab Januar 2024 auf 12,41 Euro und ab Januar 2025 auf die aktuell geltenden 12,82 Euro beschlossen. Sie besteht aus der Vorsitzenden Christiane Schönefeld sowie je drei Vertretern der Arbeitgeberseite und der Arbeitnehmerseite plus zwei beratenden Mitgliedern aus der Wissenschaft ohne Stimmrecht.
Kommt keine gemeinsame Mehrheit für eine neue Festsetzungshöhe zustande, kann die Vorsitzende einen Vermittlungsvorschlag machen; in einer Pattsituation entscheidet ihre Stimme. Schönefeld hat die politische Einflussnahme kritisiert, mit Spannung wird nun bis Ende Juni der Kommissionsvorschlag für die nächsten beiden Jahre erwartet. Beim vorigen Mal gab es einen Dissens, die Arbeitnehmervertreter hielten die Anhebung für zu niedrig, wurden aber überstimmt und kritisierten scharf die Arbeitgeberseite – ebenso die SPD, die dann im Bundestagswahlkampf das Versprechen einer Anhebung auf 15 Euro abgab.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern, er verstehe zwar den Druck, den die SPD durch ihre Mitgliederbefragung zum Koalitionsvertrag gerade habe – „aber wir müssen trotzdem am Koalitionsvertrag festhalten“. Ein Mindestlohn von 15 Euro sei erreichbar, doch die Mindestlohnkommission werde am Ende entscheiden, ob es tatsächlich so komme. Denn „politische Mindestlöhne, die im Plenarsaal des Bundestages beschlossen werden, sind ausgeschlossen worden“.