Süddeutsche Zeitung

Nach SPD-Führungswechsel:Merkel will Koalitionsvertrag nicht neu verhandeln

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Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihre Bereitschaft zu Gesprächen mit der neuen SPD-Spitze unterstrichen, eine Neuverhandlung des Koalitionsvertrags aber abgelehnt. Die Kanzlerin sei grundsätzlich zur Zusammenarbeit und zum Gespräch bereit, "wie es in einer Koalition üblich ist", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Zugleich betonte er: "Eine Neuverhandlung des Koalitionsvertrags steht nicht an." Zuvor hatten bereits die Vorsitzenden von CDU und CSU, Annegret Kramp-Karrenbauer und Markus Söder, der Forderung der designierten neuen SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken eine Absage erteilt.

Merkel beglückwünsche das Duo, sagte Seibert. Sie hätten sich in einem monatelangen Verfahren bei den SPD-Mitgliedern durchgesetzt. Nun müssten Verlauf und Beschlüsse des SPD-Parteitags abgewartet werden. Nach dem Parteitag, der von diesem Freitag bis Sonntag in Berlin zusammenkommt, werde sich sicher eine Gelegenheit zu einem Treffen ergeben.

Die Chefs von CDU und CSU schließen Neuverhandlungen ebenfalls aus

Am Montagmorgen hatte auch die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer bekräftigt, dass sie keinen Anlass für eine "komplette" Neuverhandlung des Koalitionsvertrages sehe. Der Führungswechsel bei der SPD gehöre "nicht zu den schwerwiegenden Fällen, aus denen heraus man eine Koalition komplett neu verhandeln muss", sagte sie im ZDF-"Morgenmagazin". Die Parteichefin betonte, die CDU sei vertragstreu, sie wolle sich vor allem der Sacharbeit widmen. "Wir sind keine Therapieeinrichtung für die jeweiligen Koalitionsregierungsparteien und deswegen gilt der Koalitionsvertrag."

Dieser Meinung ist auch der CSU-Vorsitzende Markus Söder. Er sagte am Sonntagabend im ZDF: "Bloß weil ein Parteivorsitzender wechselt, verhandelt man keinen Koalitionsvertrag neu." In einer Koalition sei es selbstverständlich, dass man miteinander rede. Es werde aber nicht einfach neu verhandelt. Und schon gar nicht würden Forderungen diskutiert, "die rein ideologisch motiviert sind und die dazu dienen, einen Wahlkampf abzufedern", so der bayerische Ministerpräsident.

Ähnlich äußerte sich auch sein hessischer Amtskollege und stellvertretender CDU-Vorsitzender Volker Bouffier. "Wir haben einen gültigen Koalitionsvertrag und Nachverhandlungen sehe ich nicht", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Es kann nicht um die Beglückung von irgendwelchen Koalitionspartnern gehen."

Die derzeitige SPD-Chefin Malu Dreyer will die Aufregung "runterkochen"

Esken und Walter-Borjans pochen auf eine Nachverhandlung des Koalitionsvertrages. Zu ihren Forderungen zählen mehr Klimaschutz, eine massive Ausweitung der Investitionen und mehr Soziales. Bis zum Parteitag Ende der Woche in Berlin wollen sie mit der Parteiführung festlegen, zu welchen Bedingungen die SPD dem Bündnis treu bleiben will. Bouffier lehnt dies ab: "Es ist jetzt schon schwierig genug, das Klimapaket umzusetzen", sagte er den Funke-Zeitungen. Es gebe eine höchst unterschiedliche Bewertung, was die Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen angehe. Auch die Finanzierung sei nicht geklärt. "Wenn jetzt das, was die Bundesregierung vorgelegt hat, von dem SPD-Teil der Regierung selbst nicht mehr für richtig gehalten wird, habe ich dafür wenig Verständnis."

Bei der SPD hingegen zeigt man sich um Schlichtung bemüht. Die kommissarische SPD-Chefin Malu Dreyer rief am Montag zur Beruhigung auf. "Man kann jetzt nicht so tun, als würde bei uns das Chaos ausbrechen. Es tut es nämlich nicht", sagte Dreyer im ZDF-"Morgenmagazin". "Ich glaube, wir sollten etwas runterkochen und wir sollten einfach zur Kenntnis nehmen, die Partei hat eine neue Führung gewählt, das ist der Punkt. Und natürlich wird sie auch ihre Akzente setzen bei der Frage, wie geht es weiter mit der großen Koalition, aber darüber werden wir in ein paar Tagen diskutieren auf dem Parteitag."

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