Spargel:Durchbruch dank Heizung

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Die Saison beginnt in diesem Jahr außergewöhnlich früh.

Von Titus Arnu

Bitter, blass, unterirdisch: Im Vergleich zur Tomate wirkt der Gemeine Spargel zunächst nicht so appetitlich. Er gilt unter Feinschmeckern als göttliches Gemüse, obwohl er teuflische Elemente enthält - etwa das schwefelige Aromamolekül Dimethylsulfid, welches gewisse Geruchsbelästigungen verursacht. Was heute teuer als Gemüsespargel verkauft wird, verschrieben Ärzte übrigens bis ins 19. Jahrhundert als Mittel gegen Husten und Magengeschwüre, daher auch der Name Asparagus officinalis (arzneilicher Spargel).

Das Gemüse enthält viele Vitamine, Folsäure und weitere Überraschungen. Die Sprossen führen monatelang ein Leben im Untergrund, bis sie im Frühjahr plötzlich ihre Köpfe ans Licht strecken. Dieses Jahr ist dieser Durchbruch besonders früh gelungen. In den deutschen Spargelregionen hat bereits die Ernte begonnen. Der Deutsche Bauernverband führt es auch auf milde Temperaturen zurück, dass die Spargelsaison dieses Jahr "so früh wie selten" beginnt.

"Wir sind 14 Tage früher dran als letztes Jahr", sagt Rolf Meinhardt, Spargelbauer aus Weiterstadt in Hessen. Er rechnet mit einem guten Jahr: "Zu Ostern haben wir eine absolute Vollernte." In Baden und Südhessen verkaufen einige Höfe bereits seit Ende Februar Spargel. Das liegt nicht nur am günstigen Klima in diesen Regionen, sondern auch an den aufwendigen Tricks der Landwirte, mit denen sie die lukrative Spargelsaison verlängern.

Lange aß man ausschließlich grünen Spargel, der weiße wurde zufällig im 19. Jahrhundert entdeckt, als man Tonhauben über die Spargelsprossen stülpte, um sie vor Wetter und Wild zu schützen. Deutscher Spargel wird heute zu 98 Prozent in Tunneln mit zwei- bis dreifacher Abdeckung aus Plastikfolie angebaut.

Einige Landwirte setzen zusätzlich auf eine Heizung, denn Spargel beginnt erst bei einer Temperatur von zehn bis zwölf Grad zu wachsen. Das funktioniert wie bei einer Fußbodenheizung: Hackschnitzel- und Biogasanlagen produzieren Warmwasser, das in Kunststoffleitungen durchs Feld geleitet wird und so das Erdreich aufheizt. Manche Betriebe arbeiten mit Abwärme aus Gebäuden. Der Brandenburger Spargelhof Buschmann & Winkelmann aus Klaistow bei Beelitz etwa betreibt ein Testfeld, auf dem die Spargelpflanzen mit Restwärme aus einem Verwaltungsgebäude und einer Werkstatt beheizt werden. Energieverschwendung für Luxusgemüse? Dieser Vorwurf greift in diesem Fall nicht.

Durch Bodenheizungen und Folientunnel sparen die Landwirte 40 Prozent der Produktionskosten. Die Erntemenge ist auf 129 000 Tonnen im Jahr gestiegen, das entspricht einem Pro-Kopf-Verbrauch von 1,6 Kilogramm. Die Kunden kaufen eben lieber regionales Gemüse als Spargel aus Peru und Griechenland. Da kein Unkraut unter den Folien wächst, müssen keine chemischen Mittel zur Unkrautvernichtung eingesetzt werden. Dennoch drängt sich die Müllfrage auf. Hunderte Tonnen Plastik fallen pro Jahr in der deutschen Landwirtschaft an. Wer plastikfrei und heizungslos angebauten Spargel kaufen will, muss sich allerdings bis Ende April gedulden - und deutlich mehr dafür zahlen.

© SZ vom 23.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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